Seekrankheit vermeidbar? Ursachen – Prophylaxe - Gewöhnungseffekt
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Text: Udo Beier, DKV-Referent für Küstenkanuwandern (31/12/04)
Gewöhnungseffekt?15 BeispieleWas tun, wenn nichts mehr zu machen ist?
In der YACHT berichtet Prof. Dr. med. Reinhardt Jarisch in dem Beitrag „Das Ende des Übels: Seekrankheit“
darüber, dass bei der Behandlung der Seekrankheit (Symptome: Übelkeit, Erbrechen, Schwindel, Schweißausbrüche, Blutdruckschwankungen, Kopfschmerzen) ein Durchbruch gelungen sei. R.Jarisch entdeckte, dass Histamin die primäre Ursache der Seekrankheit ist. Gut gemeinte Ratschläge
Können wir Küstenkanuwanderinnen und –wanderer nun alle jene Tipps zur Bekämpfung derSeekrankheit vergessen?
• „Regelmäßig kleine Häppchen essen.“
• „Immer den Horizont beobachten.“
• „Versuch’s mal mit Meditation.“
• „Jeden Tag zur Beruhigung zwei „Zintona“-Kapseln“ schlucken.“
• oder …. „Ein ordentlicher Schluck Scotch wirkt Wunder.“Ursachenbündel
Mitverantwortlich für die Seekrankheit (ca. 36% der befragten Kreuzfahrttouristen fühlten sichunwohl), aber auch Reisekrankheit (ca. 42,9 % der befragten Reisebus-Passagiere wurde eswährend der Fahrt schlecht) sind Augen, Gleichgewichtsapparat und Gehirn. Wobei mandavon ausgehen kann, dass Kinder unter 2 Jahren und ältere Menschen weniger häufigunter Seekrankheit leiden und Frauen anfälliger sind als Männer.
• Dass das Auge mit Schuld an der Seekrankheit ist, kann man auch daraus ableiten,
dass es einem allein schon beim Anschauen eines 3-D-Filmes übel werden kann. Da-für spricht auch, dass Beteiligte mit Außensicht (Fenster) seltener als die anderen lei-
den. Dasselbe gilt für den Steuermann eines Bootes bzw. den Fahrer eines Autos. Beide „sind die Einzigen, die wirklich abschätzen können, wohin das Boot bzw. Autofährt. So kann es zu keiner Diskrepanz zwischen erwarteter und tatsächlicher Bewe-gung kommen.“
è D.h. gegen Seekrankheit hilft volle Konzentration auf den Seegang und voll-
ständige Orientierung, wie durch den Seegang zu paddeln ist. Ein Kajak-Einer-Fahrer, der keine Ablenkung hat (hier: Studium von Seekar-te/Kompass/GPS; Verpflegungsaufnahme; Betreuung von Kameraden) undkeinen Rückenwind-Kurs paddelt, dürfte die größeren Chancen haben, nichtseekrank zu werden. Ein nur mitpaddelnder, aber nicht mitsteuernder Kajak-Zweier-Fahrer könnte dagegen eher Probleme mit dem Seegang bekommen,insbesondere dann, wenn er durch andere Tätigkeiten (hier: navigieren, essen& trinken, bedienen) abgelenkt wird.
• Aber warum können dann auch Blinde seekrank werden? Das liegt daran, dass der
Gleichgewichtsapparat ebenfalls seinen Beitrag zur Übelkeit leistet. Zum einen weiß man das, weil Menschen mit „funktionsunfähigem Innenohr“ nicht seekrank werden können. Zum anderen erfährt man immer wieder, dass man das Aufkommen der Seekrankheit zumindest hinauszögern kann, wenn man „mittschiffs eine stehende Position in Fahrtrichtung einnimmt und auf diese Weise mit den Beinen das Schwan- ken des Schiffs ausgleicht.“ Übrigens, bei einem Versuch, bei dem Personen auf ei- nem Drehstuhl in eine kreisförmige Bewegung versetzt wurden, stellte man fest, dass es den Personen genau dann sehr schnell schlecht wurde, wenn sie anfingen, mit dem Kopf zu nicken.
è D.h. gegen Seekrankheit hilft eine Position mittschiffs, welche Einer-Fahrer,
nicht jedoch Zweier-Fahrer am idealsten einnehmen. Der Kanute kann wohlnicht mit seinen Beinen wohl aber mit seinem ganzen Köper das Schwankendes Kajaks ausgleichen, indem er durch seine Paddelbewegung versucht, sichvom Seegang nicht aus dem Gleichgewicht bringen zu lassen. Zudem sollteein Kanute auch aus Gründen des Gleichgewichts immer in Fahrtrichtung bzw. Richtung Seegang schauen, was nur bei Rückenwind-Kursen nicht möglichist. Ein Wegschauen (Kopfnicken) (z.B. Richtung Spritzdecke, Seekarte, Kom-pass) verhindert nicht nur die Konzentration auf den Seegang und führt zurDesorientierung, sondern stört auch den Gleichgewichtssinn.
• Und was hat das Gehirn mit Seekrankheit zu tun? Nun, zum einen verarbeitet es die
Signale, die es von Augen & Ohren erhält, und zum anderen verursacht Wind & See-gang beim Menschen Stress. „Stress aber führt zu einer vermehrten Histamin-Ausschüttung. Für den Abbau dieses Stoffs benötigt der Körper Vitamin C.“ (EinGrund auch dafür, dass früher die Seefahrer besonders unter Skorbut bzw. unterSeekrankheit litten!)
D.h. fühlt man sich als Kanute im Seegang unsicher, steigt die Wahrschein-lichkeit, seekrank zu werden.
Übrigens, Schweine, Löwen, Tiger, Hyänen und viele andere Aas fressenden Tierewerden nicht seekrank. Sie können ohne weiteres verdorbenes Fleisch fressen, wel-ches besonders reich an Histamin ist. Der Grund? Diese Tiere verfügen über das En-zym Diaminoxidase (DAO), welches das Histamin im Körper abbaut!
Prophylaxe
Wer also seinen Histamin-Spiegel senken will, hat nach Prof. Dr. med. R.Jarisch die folgen- den Möglichkeiten:
• Histamin-Diät:
D.h. man sollte möglichst histaminfreie Lebensmittel essen (z.B. alle frischen Le-bensmittel mit Ausnahme von Spinat und Tomaten) und histaminhaltige Lebensmittelmeiden. Histamin befindet sich insbesondere in:
a) leicht verderblicher eiweißreicher, tierischer Nahrung, z.B. Fischprodukte (insbe-
sondere Makrele, Thunfisch, marinierter Hering);
b) verarbeiteter Nahrung, das betrifft die Nahrung, die im Verlauf der Verarbeitung,
Reifung und Lagerung biochemischen und mikrobiellen Veränderungen unterliegt,z.B. langsam reifende Käsesorten (Hartkäse, Roquefort) und Wurstsorten (Roh-wurst, Salami, roher Schinken), Schokolade, Sauerkraut, Spinat, Tomaten, Hefe-extrakte; Wein und Bier, die zusätzlich toxische Wirkung von Histamin steigern.
• Vitamin C-Einnahme:
Wer seinen Histamin-Spiegel senken will, kann das auch über die Einnahme von Vi-tamin C erreichen. Da das Vitamin nur relativ langsam vom Körper aufgenommenwird, sollte man es nicht schlucken, sondern kauen (z.B. täglich 4x Vitamin-C-Kautabletten (500 mg)), da es dann schneller über die Mundschleimhaut absorbiertwerden kann.
Der „Anscheinsbeweis“ für die Wirkung von Vitamin C zur Bekämpfung der See-krankheit ist erbracht worden. Es fehlt jedoch noch ein Beweis, der den wissenschaft-lichen Anforderungen genügt (placebokontrollierte Doppelblindstudie). Wer also häu-figer unter Seekrankheit leidet, kann sich an einem entsprechenden Praxistest betei-ligen (Anmeldung:
• Medikamentöse Behandlung:
Mit Hilfe des Arzneimittels „Cinnarizin“ kann ebenfalls der Histamin-Spiegel im Körpergesenkt werden. Empfohlen wird, sofern die auf dem Beipackzettel angezeigten Ne-benwirkungen irrelevant für einen sind, schon eine Woche vorher täglich 1x bis 2x 75mg-Cinnarizin-Kapseln einzunehmen. Etwaige zu beobachtende Müdigkeitserschei-nungen sollten sich nach einigen Tagen legen. (Anmerkungen: In Deutschland ist das Medikament „Cinnarizin“ rezeptpflichtig. Lt. Beipackzet-tel führt die Anwendung von „Cinnarizin“ nicht nur zu gesteigerter Ermüdbarkeit (s.o.), sondernauch zu Tremor und besonders im höheren Alter und bei höherer Dosierung zum Auftretenvon Parkinsonsymptome. Außerdem sind depressive Verstimmungszustände häufig beobach-tet worden. Abgesehen davon wird das Medikament lediglich zur Behandlung von Symptomenmangelnder Hirn- und Organdurchblutung empfohlen. Bei meiner Nachfrage nach diesemMedikament riet mir die Apothekerin, auf ein etwas schwächer wirkendes Medikament zurück-zugreifen. Bei diesen „schwächer wirkenden“ Medikamenten handelt es sich um „Antihistaminika, d.h. sieblockieren zentrale Histaminrezeptoren und dämpfen so das Unwohlgefühl. Als unerwünschteNebenwirkung machen auch diese Antihistaminika ausgesprochen müde. Da man beim Küs-tenkanuwandern „ topfi“ sein muss, sollte man sich überlegen, ob man solche Medikamentevorbeugend einnimmt. Empfehlungen für Segler dürfen nicht einfach 1:1 auf Kanuten übertra-gen werden. Die Segelcrew kann vorübergehend einen „müden“ Segler unter Deck schicken. Was aber macht man mit einem „müden“ Kanuten, der im Einer paddelt?Übrigens, immer wieder werden von einzelnen Personen begeistert über einzelne Medika-mente zur Bekämpfung der Seekrankheit berichtet. I.d.R. handelt es sich dabei um Antihista-minika, die ausnahmslos u.a. die oben schon erwähnten unerwünschten Nebenwirkungen ha-ben, müde zu machen. Wem also als Kanute ein bestimmtes Medikament (z.B. Vomacur,Vomex A, Emesan, Dramamine, Betadom, Deolestan, Neuro opt, Sedativum, Sediat, Se-dopretten) empfohlen wird, der sollte sich vorher den Beipackzettel ansehen. Er wird dannfeststellen, dass sich hinter diesen und anderen Medikamentenmarken i.d.R. das Antihistami-nikum „Diphenhydramin“ verbirgt, und zwar als alleiniger Wirkstoff bzw. als Kombinationswirk-stoff „Dimenhydrinat“. Letzteres stellt eine Mixtur der Wirkstoffe „Diphenhydramin“ und „8-Chlortheophyllin“ dar. „8-Chlortheophyllin“ setzt man als „Muntermacher“ bei. In der Praxiskonnte dieser Effekt jedoch nicht bestätigt werden, sodass man, wenn man das Risiko weite-rer unerwünschter Wirkungen vermindern möchte, eigentlich auf dieses Kombi-Präparat ver-zichten sollte. Wie ernst man diese spezifische Nebenwirkung nehmen sollte, muss jeder sel-ber für sich beurteilen. Lt. „Handbuch Medikamente“ (Hrsg. Stiftung Warentest) ist hierzu Fol-gendes zu lesen: „Beide Wirkstoffe machen häufig (bei über 1 % der Behandelten) müde, vorallem zu Beginn der Behandlung.“)
Die positive Wirkung von Ingwer-Produkten (z.B. Zintona), Akkupressurbändern bzw. Psychotraining lag demgegenüber nicht über dem „Placebo“-Effekt (ca. 30%).
• Schlaf:
Viele Seekranke sehen bewusst oder unbewusst Schlaf als Therapie gegen See-krankheit an. Die „Histamin“-Theorie bestätigt dies; denn „im Schlaf sinkt der Hista-min-Spiegel auf null.“
Wenn bei einer Zweier-Kajak-Crew ein Kanute seekrank wird, ist es folglich nicht ver-kehrt, den seekranken Kanuten zu ermuntern, dass Paddeln einzustellen, die Augenzu schließen und zu versuchen, sich auszuruhen oder zu meditieren.
• Stress-Abbau:
Stress hat die entgegengesetzte Wirkung wie Schlaf. Da starker Wind & rauer See-gang insbesondere bei weniger erfahrenen Küstenkanuwanderinnen und –wanderernÄngste wecken und folglich Stress auslösen können, sollte man kritische Passagenmeiden, aus denen man sich nicht jederzeit – d.h. sobald sich die ersten Symptomeder Seekrankheit zeigen – zurückziehen kann.
Lässt sich aber ein stressiger Kurs nicht mehr umfahren, sollten die erfahrenen Kanu-ten sich um die weniger erfahrenen kümmern, d.h. versuchen, sie zu beruhigen. Meist genügt es dabei, sich sichtbar in ihrer Nähe aufzuhalten bzw. sie persönlich an-zusprechen und ihnen den Eindruck zu vermitteln, dass die Passage gar nicht soausweglos ist, wie sie erscheinen mag.
Übrigens, Brandungsübungen leisten einen prophylaktischen Beitrag zum Stress-Abbau. Wer nämlich zu Beginn seiner Meerespaddelei in der Nähe eines sicherenStrandes gelernt hat, mit der Brandung umzugehen, wir sich später, wenn er unter-wegs bei einer Tour entlang der Küste Brandungsbedingungen erlebt, sicherer fühlenund folglich weniger Angst & Stress haben.
• Verhaltensanweisung:
Unterwegs im Kajak sollte man immer nach vorne schauen, „stets den ganzen Körperstatt allein den Kopf zu drehen“ und nicht das Paddeln einstellen; denn wer paddelt,der versucht sich auf den Seegang zu konzentrieren, sich am Seegang zu orientierenund das Gleichgewicht im Seegang zu halten.
Empfehlenswert ist es, im Einer-Kajak unterwegs zu sein, da man sich dann wirklich„mittschiffs“ aufhält. Das gilt jedoch nur für erfahrene Kanutinnen und Kanuten. An-sonsten kann es sehr wohl sein, dass der Nachteil des nicht mittig Sitzens durch denVorteil, weniger Angst & Stress zu haben, mehr als kompensiert wird.
Außerdem sollte ein für Seekrankheit anfälliger Kanute – egal ob nun als Einer- oderZweierfahrer - unterwegs im Seegang möglichst die folgenden Aktivitäten vermeiden:
sich im Seegang einfach treiben lassen (z.B. Essens-, Warte-, Angelpause).
è im Seegang die Spritzdecke öffnen und nach irgendwelchen Sachen in der
è im Seegang die Seekarte auf die Spritzdecke packen und sie intensivst über
è bei Seekajaktouren den Kompass auf der Spritzdecke befestigen und ihn
ständig im Auge behalten, um etwaige Kursabweichungen möglichst schnellzu entdecken. - Unter diesem Aspekt empfiehlt es sich u.U., bei dem Kauf ei-nes Seekajaks sich dafür zu entscheiden, dass der Kompass möglichst weitvorne, z.B. vor dem Buglukendeckel, eingebaut wird, weil auf diese Weisezum Ablesen des Kompass nur minimale Kopfbewegungen nötig sind. Leiderbieten derzeit fast ausschließlich nur britische Seekajakhersteller solch eineEinbaumöglichkeit an. Bei allen anderen Seekajaks muss man sich wohl damitbegnügen, den Kompass z.B. auf dem Buglukendeckel zu befestigen.
sich in eine Situation begeben, die einem Angst & Bange macht.
è bis zu Erschöpfung zu paddeln, d.h. solang zu paddeln, bis man nicht mehr in
der Lage ist sich voll auf den Seegang zu konzentrieren. Gewöhnungseffekt?
Kann man sich an den Seegang gewöhnen, sodass die Symptome der Seekrankheit von allein wieder verschwinden, nachdem man sich eine Zeit lang dem Seegang ausgesetzt hat? Oder: Kann man sogar mit Hilfe einer Art prophylaktischen „Gleichgewichtstrainings“ verhin- dern, dass man überhaupt seekrank wird? In dem Beitrag von R.Jarisch findet man darüber keine Aussagen. Wohl aber berichten immer wieder Passagiere von Seglern, Frachtern oder Kreuzfahrtschiffen, dass sie spätestens nach 2-3 Tagen unterwegs im Seegang nicht mehr so sehr oder überhaupt nicht mehr unter Seekrankheit leiden mussten.
Dieser Gewöhnungseffekt ist nicht nur belegt, sondern findet auch seine medizinische Be-gründung. Seekrankheit zählt zu den „Bewegungskrankheiten“ (Kinetosen), die ausgelöstwerden können, weil man sich z.B. mit den folgenden „Verkehrsmitteln“ (fort)bewegt: Pkw,Bus, Schiff, Sportflugzeug, Achterbahn, Karussell, Schaukel, Kamel oder auch Schaukelstuhlbzw. meint, in einem solchen „Verkehrsmitteln“ zu sitzen (z.B. Anschauen eines 3-D-Filmes). Die Seekrankheit ist darauf zurückzuführen, dass jede Bewegung zu einer Reizung derSinnesorgane (hier: Augen, Gleichgewichtsorgan, Gelenkrezeptoren und Muskelspindeln)führt. Das Gehirn nimmt diese Reizungen als Information wahr, leitet daraus ein „aktuellesBewegungsmuster“ ab und vergleicht dieses mit dem „gespeicherten Erwartungsmuster“,welches durch die Bewegungserfahrungen, die man in der Vergangenheit gemacht hat,geprägt wurde. Stimmt das gemeldete „Bewegungsmuster“ nicht mit dem gespeicherten„Erwartungsmuster“ überein, löst dieser Widerspruch zunächst ein Schwindelgefühl undschließlich die Seekrankheit aus. Wird man nun längere Zeit dem Seegang ausgesetzt, passtsich das „Erwartungsmuster“ immer mehr dem aktuellen „Bewegungsmuster“ an. Die Folge:die Symptome der Seekrankheit klingen ab und verschwinden schließlich völlig, sobald dasgespeicherte „Erwartungsmuster“ gleich dem gesendeten „Bewegungsmuster“ entspricht.
Zumindest lautet so das medizinische Erklärungsmodell. Mit ihm kann man jedoch leidernicht begründen, warum diejenigen, die sich an den Seegang gewöhnt haben, nicht sofort an
einer „Landgangkrankheit“ leiden, sobald sie von Bord gehen. Spiegelt doch ihr von derzuvor erlebten Seefahrt geprägtes „Erwartungsmuster“ Seegangverhältnisse wider, währenddas nun aktuell erlebte „Bewegungsmuster“ Landgangverhältnisse signalisiert. Dabei solltejedoch erwähnt werden, dass z.B. Kanuten, die einen ganzen Tag im Seegang paddelten,beim anschließenden Landgang sehr wohl ein leichtes „Schwindelgefühl“ haben, als ob siesich noch im Seegang befinden. Anscheinend ist das über Jahrzehnte geprägte „Erwar-tungsmuster“ so dominant, dass ein solches beim Landgang erlebte „Schwindelgefühl“ keineÜbelkeit auslösen kann.
In Anbetracht der geringen Anzahl von Kanutinnen und Kanuten, die beim Paddeln entlangder Küste seekrank geworden sind, fehlen auch Erfahrungen darüber, ob Kanuten sich anden Seegang gewöhnen können, d.h. ob ihr „Erwartungsmuster“ sich unterwegs auf einermehrtägigen Tour dem aktuell erlebten „Bewegungsmuster“ anpassen kann. Ist doch zuvermuten, dass der Anpassungseffekt durch allzu häufigen Landgang (wegen Pausen bzw. Übernachtung) gestört wird.
Schließlich bleibt zu fragen, ob es ein prophylaktisch wirkendes „Gleichgewichtstraining“(sog. „Vestibularistraining“) gibt. D.h. kann ich wirklich, wenn ich mich z.B. 14 Tage langjeden Tag z.B. für 1 Stunde:
• als Binnenländer auf eine Schaukel setze (wie kann ich denn sonst zu Hause eine
Seefahrt bei Seegang simulieren?) und schaukele
• bzw. als Hamburger mit meinem Kajak im Hamburger Hafen paddle und mich von
den Schlepperwellen durchschaukeln lasse,
gegen Seekrankheit resistent werden und wie lange hält diese Resistenz vor? Dr. MarkHuber verweist im SEEKAJAKFORUM.de auf ein paar wissenschaftliche Untersuchungen,die darauf hindeuten, dass es wirklich ein solches Training gegen Seekrankheit gibt. Ernennt auch einen kommerziellen Anbieter, der einen Trainingskurs gegen Seekrankheit imAngebot hat. Das Training muss mindestens 21 Tage vor Antritt der Reise beginnen:
Übrigens, dieses medizinische Erklärungsmodell vom Bewegungs-/Erwartungsmuster lieferteine Begründung für die Verhaltensempfehlung, dass man beim Paddeln den Kopf stetsgerade halten und immer in Richtung Horizont schauen sollte. Dadurch erreicht man näm-lich, dass einem wenigstens die Reize, die vom Auge her kommen, vertrauter sind und des-halb die Differenz zwischen „Bewegungs-„ und „Erwartungsmuster“ etwas kleiner ausfällt. Vielleicht reicht dies aus, um zu verhindern, dass aus einem leichten Schwindgefühl Übelkeitwird. 15 Beispiele
Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, beim Küstenkanuwandern seekrank zu werden? Nun, allzu groß ist sie nicht; dennoch habe ich es schon einige Male bei meinen Kameraden erlebt bzw. davon gehört, dass andere Kameraden mit dem Problem der Seekrankheit zu kämpfen hatten, und zwar immer nur dann, wenn Seegang herrschte. Aber es gibt noch weitere mög- liche Ursachen, die jeweils nach der Kurz-Skizze der Situation aufgeführt werden:
• Beim Hafengeburtstag im Hamburger Hafen beobachteten Kanuten am Rande des
Hafens in ihren Kajaks untätig sitzend das „Hafenschlepperballett“. Einer Kanutinwurde es im Auf & Ab der Hafenwellen schlecht.
Ursachenbündel: è fehlende Konzentration wegen Ablenkung è falsche Kopfbewegungen wegen Beobachtung der Schifffahrt
• Bei einer Tour entlang der baskischen Küste des Golfs von Biskaya bei schwüler
Wetterlage (warm, windstill & diesig) hatten wir Einer-Fahrer unsere Freude, immerund immer wieder in der Dünung durch schmale Felsentore zu paddeln. Als wir nacheiniger Zeit wieder zurück zu unseren wartenden Zweier-Mannschaften paddelten,erblickten wir übel dreinschauende, bleiche Gesichter. Sie hatten beim Warten aufuns die Dünung nicht vertragen.
Ursachenbündel: è fehlende Konzentration wegen Ablenkung è falsche Kopfbewegungen wegen Beobachtung der Kameraden è Wetterlage?
• Bei einer Einweisungsfahrt entlang der Seeseite von Spiekeroog im Kabbelwasser
der auslaufenden Brandung, bei dem immer wieder kurze Pausen eingelegt werdenmussten, um auf einzelne Kanuten zu warten bzw. Anweisungen des Ausbilders an-zuhören, wurde es einer etwas unsicheren Kanutin übel.
Ursachenbündel: è fehlende Konzentration wegen Ablenkung è zunehmender Stress wegen Unsicherheit im Seegang
• Bei einer –zig Stunden dauernden Tour auf der Nordsee wurde ein Zweier-Fahrer
während einer Verpflegungspause so richtig seekrank.
Ursachenbündel: è fehlende Konzentration wegen Ablenkung und Erschöpfung è zunehmender Stress wegen ungewissen Ausgangs der Tour è falsche Kopfbewegungen wegen Aufnahme von Verpflegung
• Bei einer Helgolandtour von Horumersiel aus wurde es einem Kanuten genau dann
schlecht, als es begann stärker zu winden & wellen und das Erreichen des Zieles inFrage stand.
Ursachenbündel: è fehlende Konzentration wegen Erschöpfung è zunehmender Stress wegen ungewissen Ausgangs der Tour
• Bei einer anderen Helgolandtour von Cuxhaven aus wurde es einem Kanuten übel,
als es fest stand, dass sie wegen des zunehmenden Windes umkehren mussten.
Ursachenbündel: è zunehmender Stress ungewissen Ausgangs der Tour è fehlende Konzentration wegen Erschöpfung
• Bei einer Tour von St. Peter-Ording nach Amrum vertrug ein Kanute den Seegang
nicht, als er in seiner Sitzluke nach seiner Verpflegung suchte.
Ursachenbündel: è fehlende Konzentration wegen Ablenkung è falsche Kopfbewegungen wegen Aufnahme von Verpflegung
• Bei einer Nebeltour (ca. 100 m Sicht mit unregelmäßigem Schwell) wurde es einem
Ursachenbündel: è fehlende Konzentration wegen mangelhafter Orientierung im Seegang
• Bei einer Tour über die Deutsche Bucht von Horumersiel nach Cuxhaven bei schwü-
ler Wetterlage (warm, windstill & diesig) vertrug ein Faltbootfahrer den leicht beweg-ten achterlichen Seegang nicht, letztlich aber wohl deshalb weil er bis zur Erschöp-fung gepaddelt ist, um mit den Plasteboot-Fahrern mithalten zu können.
Ursachenbündel: è fehlende Konzentration wegen Erschöpfung und achterlicher See
è Wetterlage? è Kreislauf?
• Bei einer Spritztour vor Teneriffa im Mini-Schlauchboot (245x65 cm) bei ca. 1 m ho-
hen Wellen, die das kleine Boot allmählich fluteten, sodass immer wieder zur Hand-lenzpumpe gegriffen werden musste, wurde einem ansonsten seefesten Kanutenplötzlich übel, als bei der Rückfahrt die Wellen von achtern kam.
Ursachenbündel: è fehlende Konzentration wegen achterlicher See und Ablenkung è falsche Kopfbewegungen wegen Lenzen è zunehmender Stress ungewissen Ausgangs der Tour?
• Anlässlich eines Ausbildungskurses auf der Nordsee wurde einem Kanuten, der
durch Erkältung stark angeschlagen war, bekam während der RettungsübungenKopfschmerzen, dann traten Gleichgewichtsprobleme auf, schließlich wurde ihm übel.
Ursachenbündel: è fehlende Konzentration wegen Erschöpfung und Ablenkung è Kreislauf?
• Unterwegs bei einer Solotour entlang der Brandungsseite der ostfriesischen Inseln
bei starkem Wind und überdurchschnittlich lebhaftem Seegang wurde einem Kanutenschwindelig, als er versuchte mit dem Peilkompass seine Position zu bestimmen. Diesofortige Einstellung der Navigationstätigkeit und die Entfernung aus dem äußerenBereich der Brandungszone brachte sofort Besserung.
Ursachenbündel: è fehlende Konzentration wegen Ablenkung è falsche Kopfbewegungen wegen Navigationstätigkeit è zunehmender Stress wegen brechendem Seegang?
• Während einer Tour entlang der schwedischen Küste musste ein Kanute bei der
Querung einer offenen Passage „spucken“. Zuvor hatte er Hefe-Kekse gegessen. Letztlich litt er aber schon seit 3 Tagen an einer Magen/Darm-Infektion.
Ursachenbündel: è fehlende Konzentration wegen Erschöpfung è falsche Verpflegung è Kreislauf?
• Gleich bei seiner allerersten Seekajaktour im Zweier rund Elba wurde einem Kanuten
bei etwa 50 cm Seegang mulmig, was sich steigerte, als er sich auf der Karte orien-tieren wollte. Als dann noch ein Ausflugsschiff auf den Zweier zuhielt, wurde ihmschließlich richtig übel.
Ursachenbündel: è falsche Kopfbewegungen wegen Navigationstätigkeit è zunehmender Stress wegen ungewohntem Seegang bzw. Schifffahrt
• Unterwegs auf einer keine Anlandemöglichkeit bietenden Steilküsten-Tour entlang
der Westküste Sardiniens in Richtung eines für Überraschung guten Kaps, übergabsich ein Einer-Fahrer bei einer 1 m hohen schräg-achterlichen See inkl. Kreuzsee.
Ursachenbündel: è fehlende Konzentration wegen achterlicher See & Kreuzseen è zunehmender Stress wegen fehlender Anlandemöglichkeit Was tun, wenn nichts mehr zu machen ist?
Was ist zu tun, wenn ein Kanute seekrank geworden ist? I.d.R. ist solch ein Kanute nichtmehr seegangs- und kentertüchtig. Wenn eine Kenterung nicht auszuschließen ist, sollteumgehend ein sichere Anlandestelle angelaufen werden.
• Sitzt er in einem Zweier ist das nicht ganz so kritisch; denn er kann sich dann von
seinem Zweier-Partner paddeln lassen. Trotzdem sollte man sich fragen, welchenSinn es macht, einfach weiter Strecke zu paddeln.
• Paddelt er in einem Einer, ist umgehend eine sichere Anlandestelle anzulaufen.
Schafft er das nicht mehr allein, muss er dorthin geschleppt werden.
• Bei genügender Kippstabilität seines Kajaks kann er allein geschleppt werden (z.B.
breites Faltboot). Sitzt er jedoch in einem etwas kippligerem Einer (i.d.R. trifft das füralle Einer zu, die nicht breiter als 60 cm sind), dann muss sollte unbedingt ein zweiterKanute ein Päckchen (Floß) mit dem seekranken Kanuten bilden, damit dieser beimSchleppen im Seegang nicht kentert (sog. „Päckchen-Schlepp“).
Damit ist aber das Problem nicht gelöst; denn ein Kanute, der geschleppt wird, kann sich noch weniger auf den Seegang konzentriert und im Seegang orientieren. Außerdem wird er nicht mehr stets in Fahrtrichtung schauen und somit noch häufiger die falschen Kopfbewe- gungen machen. Das alles kann beim seekranken Kanuten seine Seekrankheit verstärken und beim stützenden Helfer dazu führen, dass dieser nun ebenfalls seekrank wird. Trägt dann auch noch der gepaddelte Kurs zur Instabilität der Schleppeinheit bei (z.B. achterli- cher Seegang könnte zum Surfen führen; seitlicher Seegang, der bricht, könnte die Schlepp- einheit seitlich versetzen), kommt zusätzlich noch Stress auf, was sich sicherlich nicht positiv auf den Krankheitsverlauf auswirkt. Quelle: YACHT, Nr. 1/05, S.32-39 – Literatur: R.Jarisch u.a.: Histamin-Intoleranz – Histamin und Seekrankheit. Thieme Verlag 2004. M.Stadler: Psychologie an Bord, 5.Aufl. 1999, S.70-91. Mark (Huber): Vestibularistraining: Kann man Resistenz gegen Seekrankheit trainieren? in: Seekjakaforum.de vom 27.01.05 ff. und 8.02.05 Link: è Trainingsmethode gegen Seekrankheit) Hinweis: Dem SEEKAJAKFORUM.de sei Dank für einige Hinweise & Beispiele.
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