Dritter Jahresbericht und Abschlussbericht zum Modellvorhaben Mobilitätsverbesserung und Sturzprävention bei zu Hause lebenden hilfs- und pflegebedürftigen Älteren Berichtszeitraum: 1. April 2004 bis 31. März 2005 Projektlaufzeit: 1.April 2002 bis 31. März 2005 Mitarbeit
Clemens Becker, Ulrich Lindemann, Ulrich Rißmann, Barbara Eichner, Sylvia Sander,
Elisabeth Sturm, Christine Stahl, Thorsten Nikolaus, Martina Kron
Förderung
- Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Sicherung
- Sozialministerium des Landes Baden-Württemberg - Sozialministerium des Landes Bayern - Otto-Kässbohrer-Stiftung - Robert Bosch Stiftung
- Stadt Ulm - Bethesda Geriatrische Klinik - Universitätsklinik Ulm
GLIEDERUNG
Fortführung der empfohlenen Maßnahmen (Adhärenz/Compliance) . .6
Beschreibung der Trainingsergebnisse . .9
Praktische Hinweise zur Umsetzung des Trainingsprogramms. 17
Prädiktion von nicht vermeidbaren Stürzen . 23
Prädiktion für den Verlust der Fähigkeit in der eigenen Wohnung zu wohnen . 25
Vergleich der Teilnehmer des ersten und zweiten Projektjahres . 26
Sturzprävention und hausärztliches Handeln . 29
Vom Wissen zum Handeln – Umsetzung in den Versorgungsalltag. 30
Weitere Aktivitäten (Medienresonanz, Vorträge, Kurse) . 37
Hinweise zur Sturzdefinition, Dokumentation und Auswertung. 40
Frakturzahlen mit Krankenhauseinweisungen in Ulm . 40
Hinweise für ambulante Pflegedienste zur Umsetzung des Expertenstandards Sturzprophylaxe . 41
Verantwortung der Projektmitarbeiter . 45
- Chronologische Übersicht der kontrollierten Studien zur Sturzprävention
EINFÜHRUNG
Dieser Bericht fasst die Ergebnisse eines dreijährigen Modellvorhabens zur Sturzprävention
und Mobilitätsverbesserung bei noch zu Hause lebenden älteren Menschen mit drohendem
oder manifestem Hilfsbedarf zusammen. Ein Hauptziel dabei war es, evidenzbasierte
Handlungsansätze aus kontrollierten randomisierten Studien auf ihre Übertragbarkeit unter
den Prämissen des deutschen Gesundheitssystems zu überprüfen und ggf. zu modifizieren.
Dieser häufig fehlende Wissenstransfer (Aktionsforschung) ist einer der wichtigsten Gründe,
an denen die Weiterentwicklung im Gesundheitswesen scheitert bzw. nur schleppend
vorankommt. Andererseits sind diese Modell von enormer Bedeutung, um die Wirkung unter
alltagsähnlichen Bedingungen zu überprüfen, weil kontrollierte randomisierte Studien
aufgrund verschiedener Selektionsmechanismen die Übertragbarkeit nicht ohne Weiteres
Die Notwendigkeit, wissensbasierte Präventionsprogramme für Ältere zu implementieren,
lässt sich an einigen Zahlen verdeutlichen. Zwischen 1996 und 2001 ist die Zahl der
sturzbedingten Frakturen im Bereich des Hüftgelenks von 100.000 auf mehr als 120.000 pro
Jahr angestiegen. Dies entspricht einem Anstieg von 4% jährlich. Der Anstieg ist stärker als
dies durch die Alterung der Gesellschaft erklärt werden kann. Anders ausgedrückt bedeuten
diese Zahlen, dass in den letzten zehn Jahren Mehrkosten von 1 Milliarde € verkraftet
werden mussten, um die anwachsende Zahl von Frakturpatienten zu versorgen. Dieses Geld
stand für andere Zwecke wie eine möglichste rechtzeitige Versorgung von Arthrosepatienten
mit geplanten Hüftgelenksersatz nicht mehr zur Verfügung.
Ein zweiter wichtiger und häufig übersehener Aspekt ist der graduelle Verlust der
Selbstständigkeit von älteren Menschen ab dem 75. Lebensjahr durch mobilitätsbedingte
Funktionseinschränkungen. Dies geschieht häufig auch ohne schwere sturzbedingte
Verletzungen bzw. geht diesen voraus. Neben der Demenz sind diese
Funktionseinschränkungen der häufigste Grund von Heimeinweisungen.
Mittlerweile ist es unter Experten unstrittig, dass der Sturzprävention und
Mobilitätsverbesserung eine hohe Priorität einzuräumen ist, um ein möglichst
selbstbestimmtes Leben im Alter zu führen. Die 2004 erschienen Berichte der
Weltgesundheitsorganisation bestätigen dies ebenso wie die Aussagen vieler staatlicher und
nichtstaatlicher Gesundheitsorganisationen in Europa, in Nordamerika und Ozeanien
(Center of Disease Control oder Rand Report 2004). Die wissenschaftliche Evidenz für
entsprechende Programme wurde von der Cochrane Arbeitsgruppe (Gillespie 2003, Latham
2004) und anderen (Chang 2004) in Metaanalysen belegt. Es ist nunmehr die Aufgabe der
nationalen und regionalen Leistungsträger und Leistungserbringer, dieses Wissen
anzuwenden und effektiv bzw. effizient im jeweiligen System verfügbar zu machen.
Das erste Land, was dies erfolgreich umgesetzt hat, ist Neuseeland. Dort wird seit 2004 ein
Programm für zu Hause lebende Personen mit entsprechendem Risikoprofil flächendeckend
angeboten. Es hat dort 10 Jahre gedauert, um von den ersten wissenschaftlichen Studien zu
der nationalen Anwendung zu kommen. Es ist jedoch anzunehmen, dass Programme
anderer Länder nicht ohne Anpassungen übertragbar sind.
Für die Berichterstattung haben wir eine Struktur gewählt, die der Tatsache Rechung tragen
soll, dass in der Fülle der Informationen häufig die wichtigsten Aussagen verloren gehen.
Zunächst werden die wichtigsten Ergebnisse vorgestellt. Die Information des ersten und
zweiten Berichts werden nicht wiederholt, es wird auf die Textstellen der vorausgegangen
Jahresberichte verwiesen. Im Anschluss an die Ergebnisse werden die wichtigsten
Schlussfolgerungen für die Risikoerkennung und die Umsetzung der Präventionsansätze
Außerdem werden die begleitenden Aktivitäten der Projektmitarbeiter dargestellt.
Unser Hauptziel war es ein praxisnahes Modell zu evaluieren und Handlungsempfehlungen
für Kranken-/Pflegekassen, politische Entscheidungsträger und Patientenvertreter zu
ERGEBNISSE Sturz- und Frakturprävention
Die dargestellten Zahlen wurden mit Tagebüchern erhoben, die von den Teilnehmern
Im Vergleich zum Vorjahr konnte die Zahl der gestürzten Personen um 28% reduziert
Bei der Erstbefragung (siehe 2. Jahresbericht, Seite 8) hatten 67% der Teilnehmer über
einen Sturz im letzten Jahr berichtet. Im Beobachtungszeitraum kam es bei 48% der
Die Zahl der Mehrfachgestürzten Personen lag bei 28 % (im Vorjahr 46 %). Somit konnte der
Anteil der mehrfachstürzenden Teilnehmer um 40 % reduziert werden.
Die Zahl der Stürze im ersten Projektjahr lag bei 426 (2,1 Stürze pro Teilnehmer).
Im dem beobachteten Kollektiv war eine Hüftfrakturhäufigkeit von 3-4% pro Jahr zu erwarten.
Diese Zahl wurde unterschritten. Bei drei Personen wurde trotz Teilnahme am
Modellvorhaben eine Hüftfraktur diagnostiziert (Inzidenz 1,5%). Weitere 8 Personen erlitten
eine Fraktur an anderer Stelle (Inzidenz 3,6% auf 1000 Teilnehmerjahre). Auch diese Zahl
Körperliches Training und Mobilität
Alle bisher weltweit durchgeführten Beobachtungen belegen, dass ohne Training bei den
über 75jährigen mit einer Verschlechterung der körperlichen Leistungsfähigkeit gerechnet
werden muss. Bei populationsbasierten Untersuchungen wie der Women Health and Aging
Study zeigen sich pro Jahr Verschlechterungen um 7% im Gleichgewicht (Standfähigkeit),
um 5% beim Gehtempo und um sogar 11% für das Tempo beim Aufstehen vom Stuhl
Bei der hier vorgestellten Untersuchung zeigte es sich, dass viele Teilnehmer ihre
Leistungsfähigkeit erhalten konnten. Zahlreiche Personen konnten sich auch verbessern. Bei
etlichen Personen kam es sogar zu dramatischen Verbesserungen bis zu einer Verdopplung
Die positiven Ergebnisse waren aber nicht bei allen Personen nachweisbar. Signifikante
Verbesserungen wurden nur bei den Personen erzielt, die nach dem Einzeltraining bereit
waren in einer Gruppe weiter zu üben. Mit anderen Worten reichte es nicht aus, zehn
Stunden unter Anleitung zu Hause zu trainieren.
Ein weiteres wichtiges Ergebnis der Untersuchung ist es, dass Personen, die noch relativ
rüstig waren als Gruppe betrachtet keine signifikante Verbesserung erzielen konnten. Dies
galt selbst dann, wenn sie regelmäßig an den Gruppen teilgenommen hatten.
Die Einzelheiten der Trainingsresultate sind ab Seite 9 nochmals ausführlicher dargestellt.
Psychische Effekte und Lebensqualität
Neben den Auswirkungen des Modellvorhabens auf die körperliche Gesundheit und die
Häufigkeit von Unfallereignissen war es ein erklärtes Ziel, die Effekte auf die Depressivität,
Angst und Lebensqualität der Teilnehmer zu untersuchen. Bei der Untersuchung nach einem
Jahr zeigte sich ein signifikanter Rückgang der Depressivität und eine Verringerung der
Sturzangst. Die Lebensqualität hat sich bei vielen Teilnehmern entweder gehalten und wurde
bei einigen Teilnehmern auch verbessert. Vor allem die Teilnehmer an den
Gruppenaktivitäten berichteten über einen Rückgang der Einsamkeit und eine höhere
Lebensqualität
48% der Teilnehmer schätzten initial ihren Gesundheitszustand als weniger gut bzw.
schlecht ein. 80% der Teilnehmer klagten über zu seltene Kontakte mit anderen Menschen.
Die Punktewerte bei der Bestimmung des SF12-Fragebogens waren bei 25% der Teilnehmer
75 Teilnehmer (39%) gaben an, gegenüber dem Vorjahr weniger Angst zu haben. Bei 43
Teilnehmer (22%) kam es zu einer Verschlechterung, 75 Teilnehmer (39%) hatten keine
Veränderung gegenüber dem Vorjahr angegeben.
Depressivität
Die Zahl der depressiven Personen konnte durch das Modell günstig beeinflusst werden.
Bei der Erstbefragung gaben 59% der Teilnehmer an, mit ihrem Leben zufrieden zu sein und
sich glücklich zu fühlen. Bei der zweiten Befragung waren dies 77% der Teilnehmer.
Heimaufnahme
12% der Teilnehmer mussten in ein Heim umziehen.
Leider lagen zum Zeitpunkt der Berichterstattung noch keine verlässlichen Vergleichszahlen
der Krankenkassen bzw. des MDKs vor. Die Anfragen beim MDS ergaben, dass dort keine
Zahlen über den Übertritt von zu Hause lebenden Pflegebedürftigen in den Heimbereich
Krankenhausaufenthalte
56 Teilnehmer (29%) der Nachbefragten waren im Beobachtungszeitraum in stationärer
Behandlung. Bei 12 Personen (6,2%) erfolgte dies nach einem Sturz
Abbruch des Programms
Bei allen Teilnehmern des ersten Modelljahres wurde versucht herauszufinden, was die
Gründe für einen möglichen Abbruch der Teilnahme im Modellvorhaben waren. Auch wenn
nicht mit letzter Sicherheit festgestellt werden kann, ob dies die alleinigen Gründe waren, soll
eine Zusammenstellung der sogenannten Gesundheitskatastrophen einen Eindruck davon
vermitteln, warum ältere Menschen an einem entsprechenden Präventionsprogramm nicht
Es kam bei etwas mehr als 40 Personen zu einer erheblichen Verschlechterung durch eine
körperliche Krankheit. Es gaben 11 der befragten Personen an, einen Schlaganfall erlitten zu
haben. Bei 6 Personen kam es durch vorbestehende Herzerkrankungen zu einer deutlichen
Leistungsverschlechterung. 4 Personen klagten über erhebliche Arthroseschmerzen, die sich
durch das Training nicht beeinflussen ließen. 5 Personen hatten eine schwerere Operation
mit längeren Krankenhausaufenthalten. 4 Personen entwickelten bei vorbestehenden
Erkrankungen venöse Ulzera oder eine Verschlechterung der arteriellen Durchblutungs-
situation ihrer Beine. Bei 3 Personen wurde eine Krebserkrankung neu festgestellt.
20 Personen konnten wegen ihrer psychischen bzw. Demenz bedingten Probleme nicht auf
Dauer an dem Programm teilnehmen. 10 Personen oder deren Angehörige berichteten über
erhebliche psychische Probleme zum Beispiel durch den Tod eines nahestehenden
Angehörigen. Bei weiteren 10 Personen kam es durch eine deutliche Verschlechterung der
Demenz zu einer Beendigung der Teilnahme am Modellvorhaben.
Die Zahl der verstorbenen Teilnehmer entsprach den statistischen Erwartungen. Insgesamt
verstarben 10% (Erwartungswert 10,6%) der Teilnehmer.
Somit ergibt sich kein Hinweis für lebensverlängernde Wirkung des Programms. Die
Wirkungen des Programms können im Sinne der Kompression von Behinderung verstanden
FORTFÜHRUNG DER EMPFOHLENEN MAßNAHMEN (ADHÄRENZ / COMPLIANCE)
Bei den Nachbesuchen wurde festgestellt, ob es gelungen war das körperliche Training
während des gesamten Jahres durchzuführen. Es wurde weiter nachgefragt, ob Wohnan-
passungen durchgeführt wurden. Bei den Personen, die sich für das Tragen eines
Hüftprotektors entschieden hatten, wurde die Trageadhärenz geprüft. Bei Personen, die
längere Zeit keinen Augenarzt aufgesucht hatten, wurde die Umsetzung eines
entsprechenden Besuches kontrolliert. Weiterhin wurde geprüft, ob
Medikamentenmodifikationen wie die Neuverordnung von Osteoporosemedikamenten oder
die Anpassung von Psychopharmaka angeordnet wurden. Es wurde ebenso geprüft, ob die
betreffenden Personen hinsichtlich ihrer Kleidung, insbesondere des Schuhwerks
Veränderungen vorgenommen hatten. Als ergänzende Frage wurde geprüft, ob eine
Inkontinenzbehandlung durchgeführt wurde.
Training
Bei 235 von 270 Teilnehmern im ersten Jahr wurde das Training zu Hause begonnen. Von
diesen trainierten 168 zehnmal zu Hause. Für die Teilnahme am Gruppentraining konnten
118 Teilnehmer gewonnen werden. 90% von ihnen (n = 104) trainierten noch ein Jahr nach
der Eingangsuntersuchung in den Gruppen. Somit trainierten von den 270 Teilnehmern im
ersten Jahr des Modellvorhabens 40% nach einem Jahr in den Gruppen.
Hüftprotektoren (HP)
30% der Teilnehmer haben die HP während des ganzen Jahres getragen. Die gleiche
Anzahl war interessiert, hat die HP aber nur vorübergehend getragen.
Ärztliche Diagnostik und Behandlung
Die medikamentöse Therapie wurde nur selten verändert. Lediglich 2,5% der Teilnehmer
erhielten eine neue Osteoporosemedikation (Leitlinienempfehlung wäre ca. 90%).
Die Gabe der Antipsychotika und Hypnotika zeigte ebenfalls nur geringe Veränderungen.
Insgesamt erhielten weniger als 3% der Teilnehmer eine neue Medikation.
15% der Teilnehmer hatten auf Empfehlung im Projektjahr einen Augenarzt aufgesucht.
Bei weniger als 2% der Projektteilnehmer (Soll 40%) wurde eine Inkontinenzabklärung oder
Umgebungs- und Kleidungsanpassung
5% der Teilnehmer entschlossen sich, die empfohlenen Schuhe mit Fersenhalt zu tragen.
Etwa 5% der Teilnehmer benutzten auf Empfehlung nachts Socken mit Rutschhemmung.
Eine Wohnanpassung wurde bei 10% der Teilnehmer ausgeführt.
Erreichen der angestrebten Zielgruppe
Die Beschreibung der Teilnehmer zeigt, dass ein Hochrisikokollektiv erreicht wurde. Die
Teilnehmerbeschreibung entspricht den Empfehlungen der Leitlinien und der
Weltgesundheitsorganisation. Als optimale Voraussetzung der Teilnehmer für ein
erfolgreiches Präventionsprogramm werden meist folgende Kriterien benannt:
ein hoher Anteil an weiblichen Teilnehmern
ein hoher Anteil bereits gestürzter Personen und beginnende motorische
Die soziodemographischen und funktionellen Parameter der Modellteilnehmer zeigen, dass
es möglich war, genau diese Personengruppe anzusprechen.
Mit einem Durchschnittsalter von 82 Jahren und mehr als 60% alleinstehenden Personen mit
alltagsrelevanten Mobilitätseinschränkungen wurde die angestrebte Zielgruppe erreicht. Die
Prävalenz der Sturzanamnese und die Beschreibung der motorischen Fähigkeiten bestätigen
dies (vgl. Zweiter Jahresbericht, Seite 6-15).
Die Hälfte der Personen waren Leistungsempfänger der GPV oder hatten einen noch nicht
entschiedenen Antrag auf Leistungsbezug gestellt. Auch dies entsprach den Zielvorgaben
Diese Zahlen zeigen, dass das Programm auf ein großes Interesse und eine hohe
Akzeptanz stieß. Offenbar ist es nicht das mangelnde Interesse der Zielgruppe, sondern ein
mangelndes Angebot, das eine Teilnahme an evidenzbasierten Programmen verhindert.
ZEITAUFWAND IM PROJEKT Assessment
Von den Mitarbeitern wurden allein im ersten Jahr 470 Untersuchungen (270 Eingangs-, 20
Zwischen-, 180 Abschlussuntersuchungen) durchgeführt. Der Zeitaufwand dafür (ohne
Transportzeit und Organisation) betrug jeweils 40 Minuten (Wohnung) und 60 Minuten
(Klinik). Die 213 Teilnehmer des zweiten Projektjahres wurden in ihrer eigenen Wohnung
Neben diesen Zeiten waren die Projektmitarbeiter auf dem Weg in die Wohnungen bzw. zum
Holen der Teilnehmer in die Klinik, bei einer durchschnittlichen Fahrtzeit von 15 Minuten,
über 700 Stunden mit dem PKW unterwegs. Der Transport der Teilnehmer zu den
Untersuchungen wurde häufig selber durchgeführt, wenn keine Angehörigen zur Verfügung
Interventionen
Die 483 Teilnehmer im Modellvorhaben erhielten mehr als 2.500 Trainingseinheiten in ihrer
eigenen Wohnung, bevor die Teilnehmer in den Gruppen weitertrainieren konnten.
Zur Durchführung der Interventionen wurden 30 Mitarbeiter ausgebildet. Das fünftägige
Curriculum wurde insgesamt viermal angeboten.
Im Verlaufe des Modellvorhabens wurden 28 Trainingsgruppen, verteilt über das ganze
Stadtgebiet von Ulm und Neu-Ulm aufgebaut. Dies bedeutet, dass etwa jede zweite Woche
eine neue Gruppe entstand. In diesen Gruppen wurden bis Ende Februar 2005 über 1.000
Trainingstermine angeboten. Ausfallzeiten waren die Termine zwischen Weihnachten und
Es wurden ca. 50 Wohnanpassungsmaßnahmen in den zwei Jahren durchgeführt. Mehr als
300 Teilnehmer erhielten ein Beratungsgespräch zu Hüftprotektoren.
BESCHREIBUNG DER TRAININGSERGEBNISSE
Die Effektivität von körperlichem Training zum Erhalt und zur Umkehr des Abfalls der
funktionellen körperlichen Leistungsfähigkeit ist mittlerweile unstrittig nachgewiesen (Latham
2003). Ein wesentliches Ziel des Modellvorhabens war es, dementsprechend den „normalen“
Abfall der körperlichen Leistungsfähigkeit durch Trainingsangebote aufzuhalten oder sogar
umzukehren. Es sollte dabei untersucht werden, ob verschiedene Organisationsformen des
Trainings (Einzeltraining oder Einzeltraining mit nachfolgendem Gruppentraining)
unterschiedliche Effekte erzielen. Weiterhin wurde vermutet, dass es Persongruppen gibt,
die von einem körperlichen Training mehr profitieren als andere.
Bei zu Hause lebenden Älteren wurden die Trainingsprogramme bisher meist mit relativ
rüstigen Senioren (Judge 1993, Chandler 1998, Robertson 2001) durchgeführt, die noch
selbständig die Trainingsorte aufsuchen konnten. Weitere Projekte wurden in England
durchgeführt. Skelton und Dinan (1999) entwickelten ein supervidiertes, aber auch zu Hause
in Eigenregie mit Telefonkontakt durchgeführtes Trainingsprogramm. Basiselemente waren
Übungen zur Verbesserung der Kraft, des Gleichgewichts, der Flexibilität, Gehübungen
(Ausdauer), Tai Chi Elemente und Übungen am Boden. In einem strukturierten Wochenplan
über neun Monate aufbauend wurden die Basiselemente in supervidierten Einheiten
angeleitet und im Heimtraining fortgeführt. Das in seiner Wirksamkeit evaluierte Programm
(Skelton 1995) richtete sich an Ältere mit allenfalls geringen Einschränkungen.
Ein weiteres häufig zitiertes Programm wurde in Neuseeland entwickelt. Hier wurde mit nur
vier Besuchen eines Physiotherapeuten in der Wohnung der Teilnehmer über zwei Monate
ein individuell gestaltetes Trainingsprogramm initiiert, das vom Teilnehmer in Eigenregie
dreimal pro Woche durchgeführt werden sollte (Campbell 1997, Robertson 2001). Für die
folgende Zeit wurden zwei bis drei persönliche Kontrollen pro Jahr und monatlicher
Telefonkontakt empfohlen. Balance und ein moderates Krafttraining waren die wesentlichen
Elemente des Programms, das durch Spazieren gehen (Ausdauer) ergänzt werden sollte.
Allerdings erreichte es eine Effektivität bezüglich der Sturzprävention ohne die physische
Funktion der Teilnehmer wesentlich zu beeinflussen.
Eigene Untersuchungen bei Heimbewohnern zeigten in Übereinstimmung mit anderen
Forschergruppen, dass ein effektives Training auch bei sehr gebrechlichen Personen
möglich ist (Lindemann 2004, Fiatarone 1994, Lazowski 1999), wenn es zweimal pro Woche
über mindestens drei Monate durchgeführt wird. Bei der Konzeption des Modellvorhabens
war es daher naheliegend, den Ansatz im Heimbereich auch bei bereits hilfsbedürftigen aber
noch zu Hause lebenden Älteren anzuwenden. Entsprechend dem Ziel des Modellvorhabens
war es wichtig, ein Trainingsangebot zu entwickeln, das nicht nur unter Idealbedingungen
wirksam ist, sondern auch in der Breite umgesetzt werden kann.
Programmbeschreibung
Beim gewählten Ansatz handelt es sich um etwa 15-20 Minuten intensives
Gleichgewichtstraining und etwa 40-45 Minuten progressives Krafttraining mit Hanteln und
Gewichtsmanschetten. Das Training wurde nur einmal pro Woche angeboten, da ein
häufigeres Angebot von Seiten der kooperierenden Sozialstationen personell nicht
Zunächst wurde das Training in der eigenen Wohnung in individueller Betreuung angeboten.
Danach wurde ein Übergang in ein dezentrales Gruppentraining angeboten, falls dies von
Dies Vorgehen wurde u.a. gewählt, um die Akzeptanz eines Trainingsprogramms in der
„geschützten Atmosphäre der eigenen Wohnung“ zu vergrößern. Ein direkter Beginn eines
Gruppentraining wurde von vielen Teilnehmern abgelehnt („ich blamiere mich da“).
Den Teilnehmern wurde angeboten, während der ersten Trainingsphase zu Hause, einmalig
eine Gruppe zu besuchen, in der sie dann später weitertrainieren konnten.
Methodik
Als Endpunkt der körperlichen Leistungsfähigkeit wurden vier Einzeluntersuchungen
beurteilt. Diese waren das Gleichgewicht im Stand, das dreimalige Aufstehen vom Stuhl, das
Gehtempo und die maximale Schrittlänge.
Grundlage für die Auswahl dieser Tests war, dass durch diese Untersuchungen
grundlegende und relevante Aspekte der Motorik abgedeckt werden (Stehen, Transfer,
Gehen, Wiedererlangung des Gleichgewichts). Als Verbesserung oder Verschlechterung
wurden Veränderungen um mindestens 20% des Ausgangswertes bzw. unterschiedliche
Standpositionen beim Gleichgewicht im Stand gewertet. Damit sollte vermieden werden,
dass statistische signifikante funktionell aber bedeutungslose Veränderung fehlinterpretiert
Zusätzlich wurde ein Gesamtscore zur Beurteilung der körperlichen Leistungsfähigkeit
berechnet, bei der jeder Test in der Eingangsuntersuchung mit 0 (schlechtester Wert) bis 4
(bzw. 5 beim Gleichgewicht im Stand) Punkten (bester Wert) eingestuft wurde. Die
Abstufungsgrenzen waren beim Gleichgewicht im Stand die in ihrer Schwierigkeit
ansteigenden Standpositionen (offener Stand kann ohne Hilfe nicht gehalten werden = 0
Punkte, offener Stand keine 15 Sekunden lang möglich = 1 Punkt, offener Stand 15
Sekunden lang möglich = 2 Punkte, geschlossener Stand 15 Sekunden lang möglich = 3
Punkte, Semi-Tandem Stand 15 Sekunden lang möglich = 4 Punkte, Tandem Stand 15
Sekunden lang möglich = 5 Punkte). Bei der Beurteilung der anderen Testergebnisse wurde
die Nichtdurchführbarkeit mit 0 Punkten bewertet. Bessere Ergebnisse wurden entsprechend
den Quartilsgrenzen mit 1 bis 4 Punkten bewertet. Somit war ein Gesamtscore von 0 bis 17
Punkten möglich. Bei der Abschlussuntersuchung wurden zur Bewertung des Gleichgewichts
im Stand die gleichen Abstufungen benutzt. Zusätzlich wurden Veränderungen innerhalb
einer Kategorie mit 0,5 Punkten bewertet. Verbesserungen der besten Teilnehmer (Tandem
Stand 15 Sekunden möglich) konnten nicht erfasst werden (Deckelungseffekt). In den drei
anderen Untersuchungen (Aufstehen vom Stuhl, Gehtempo, Maximale Schrittlänge) wurden
Veränderungen um mindestens 20% mit einem Plus-/Minuspunkt berechnet. Somit war in
der Abschlussuntersuchung in allen Untersuchungen ein Score von 0 bis maximal 5 Punkten
möglich. Daraus ergibt sich in der Abschlussuntersuchung ein Gesamtscore von 0 bis 20
Eingeschlossene Personen
Zu Beginn des Modellvorhabens wurde bei 270 Teilnehmern ein Basisassessment
durchgeführt. Bei 80 Teilnehmern konnte keine Abschlussuntersuchung durchgeführt
werden, weil sie im Laufe des Jahres verstorben waren (n = 27), ins Pflegeheim umgezogen
waren (n = 31), der Kontakt zu ihnen abgebrochen bzw. sie eine weitere Untersuchung
verweigerten (n = 14) oder weil sie vor einer möglichen Intervention verstorben oder ins
Heim umgezogen waren bzw. weil sie ihre Einwilligung zurückgezogen hatten. Mit 12
Teilnehmern konnte zwar nach einem Jahr eine pflegerische und ärztliche Untersuchung
durchgeführt werden, die motorische Untersuchung wurde aber als zu beschwerlich
verweigert. Bei den übrigen 187 Teilnehmern wurde zusätzlich auch noch eine umfangreiche
Untersuchung der körperlichen Leistungsfähigkeit durchgeführt. Weil dabei mit 9
Teilnehmern einzelne oder alle Untersuchungen z.B. wegen Schmerzen nicht durchgeführt
werden konnten, wurden die Ergebnisse von 178 Teilnehmern ausgewertet.
Ergebnisse (Untersuchungsergebnisse von 178 Teilnehmern)
Die meisten Teilnehmer (66%) erzielten nach einem Jahr bei der Untersuchung des
Gleichgewichts im Stand das gleiche Ergebnis wie im Vorjahr. Es konnten sich mehr
Teilnehmer verbessern (21%) als sich verschlechterten (13%).
Bezüglich des Aufstehens vom Stuhl konnte im Gesamtkollektiv bei 60% der Teilnehmer ein
Abfall der Leistungsfähigkeit verhindert werden. Bei mehr als der Hälfte der Teilnehmer
(56%) konnten die Leistungen des Vorjahres verbessert werden.
Beim Gehtempo war bei 47% der Teilnehmer ein Abfall der Leistungsfähigkeit im Vergleich
Bei der maximalen Schrittlänge konnten sich mehr Teilnehmer verbessern (46%) als sich
verschlechterten (39%). Bei 61% der Teilnehmer konnte der Abfall der Leistungsfähigkeit
In der Betrachtung der gesamten körperlichen Leistungsfähigkeit (Summenscore) zeigt sich,
dass bei 62% der Teilnehmer das Niveau stabilisiert oder sogar verbessert (50%) werden
konnte. Diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass bei einem Angebot einer Trainings-
maßnahme ohne weitere Einschlusskriterien der Abfall der körperlichen Leistungsfähigkeit
Es sei nochmals daran erinnert, dass alle Longitudinalstudien bei nicht trainierenden Älteren
einen Abfall der körperlichen Leistungsfähigkeit von 5 bis 10% innerhalb eines Jahres zeigen
(Onder 2002). Demgegenüber konnten bei drei von vier Untersuchungen im Modellvorhaben
sogar Verbesserungen dokumentiert werden. Wie zu erwarten verbesserten sich aber nicht
alle Teilnehmer, bei einer nicht unerheblichen Anzahl von Personen wurden trotz des
Trainings Verschlechterungen beobachtet.
Tabelle 1 Veränderungen der körperlichen Leistungsfähigkeit im Gesamtkollektiv (n = 178) ohne Berücksichtigung eines zu erwartenden Leistungsabfalls von 5-10%
Veränderungen [%] StandpositionenØ Aufstehen Ø Gehgeschwindigkeit Ø Gesamtscore Ø
MSL = maximale Schrittlänge; Ø = Durchschnittswert alle Veränderungen sind statistisch nicht signifikant
Weiter wurde untersucht, ob bestimmte Teilnehmer von der Teilnahme besonders profitieren.
Gibt es Ergebnisunterschiede zwischen denen, die am Gruppentraining teilnahmen und
denen, die nicht für eine Gruppenteilnahme motivierbar waren? Bei dieser
Betrachtungsweise wurden nur die Ergebnisse derer ausgewertet, die nach einem Jahr noch
am Gruppentraining teilnahmen und mit denen verglichen, die nicht am Gruppentraining
teilnahmen. Ausgeschlossen wurden dabei die Teilnehmer, deren Ergebnis von einem
katastrophalen Ereignis (z.B. Schlaganfall) negativ beeinflusst werden konnte (n = 18). Es
wurden 91 Teilnehmer für das Gruppentraining und 47 Teilnehmer, die nicht am
Gruppentraining teilnahmen, hierfür ausgewertet.
Dabei zeigte sich bei der Betrachtung der Ergebnisse vom Gleichgewicht im Stand und der
Gehgeschwindigkeit ein Unterschied zwischen Gruppen- und Einzeltraining. Bei der
Betrachtung der Leistungsfähigkeit insgesamt zeigte sich eine deutliche Überlegenheit des
Gruppentrainings, da sich hier die Teilnehmer am Gruppentraining im Gesamtscore
statistisch signifikant verbessern konnten (Tabelle 2).
Tabelle 2 Veränderungen der körperlichen Leistungsfähigkeit mit und ohne Teilnahme am Gruppentraining
Gruppentraining (n = 91) kein Gruppentraining (n = 47) Veränderung [%] Veränderung [%] Standpositionen Ø Aufstehen Ø Gehgeschwindigkeit Ø Gesamtscore Ø
MSL = maximale Schrittlänge; Ø = Durchschnittswert; * = statistisch signifikante Veränderung
Bei der Auswertung wurde allerdings deutlich, dass die durchschnittliche Leistungsfähigkeit
der Teilnehmer im Gruppentraining größer war als derer, die nicht am Gruppentraining
Tabelle 3 Ausgangswerte der einzelnen Untersuchungen für Teilnehmer mit und ohne Gruppenteilnahme
Gruppentraining (n = 91) kein Gruppentraining (n = 47) Standpositionen Ø [score] Aufstehen Ø [sec] Gehgeschwindigkeit Ø [m/s] MSL Ø [cm]
MSL = maximale Schrittlänge; Ø = Durchschnittswert
Weiter stellte sich die Frage, ob es Teilnehmer gab, die trotz Teilnahme am Gruppentraining
nicht mehr von dem Programm profitierten, weil sie körperlich schon zu schwach waren.
Denkbar wäre es auch, dass leistungsfähige Teilnehmer durch das angebotene Training
Zur Beantwortung dieser Fragen wurden die in der Gruppe trainierenden und nicht durch ein
katastrophales Ereignis belasteten Teilnehmer (n = 91) nach körperlicher Leistungsfähigkeit
in vier Gruppen eingeteilt (beste bis schlechteste 25% der Teilnehmer).
Bei der Auswertung zeigte sich, dass gerade die schwächsten Teilnehmer im
Gruppentraining die größten Verbesserungen erzielten. Dies zeigte sich sowohl bei der
Auswertung aller einzelnen Untersuchungen (Tabellen 4 – 7), als auch in der Betrachtung
der Gesamtleistungsfähigkeit (Tabelle 8). Die noch relativ rüstigen Teilnehmer haben von
dem Angebot nur in Einzelfällen profitiert.
Zusammenfassend deuten die Untersuchungen darauf hin, dass ein Angebot von Training
für alle eingeschlossenen Teilnehmer den Abfall der körperlichen Leistungsfähigkeit
aufhalten kann, dass aber in der Gesamtgruppe keine deutlichen Verbesserungen erreicht
Es zeigt sich weiterhin, dass das Gruppentraining dem Einzeltraining überlegen ist.
Die schwächsten Teilnehmer im Gruppentraining hatten dabei den größten Nutzen. Relativ
rüstige Senioren müssen möglicherweise häufiger und intensiver trainieren, damit sie von
Tabelle 4 Veränderung der Leistungsfähigkeit bei der Untersuchung des Gleichgewichts im Stand, unterteilt nach Ausgangsniveau (n = 91) von – bis Veränderung [%] verbessert [%] bestes Viertel gutes Viertel schwaches Viertel schlechtestes Viertel
* = statistisch signifikante Veränderung
Tabelle 5 Veränderung der Leistungsfähigkeit bei der Untersuchung der Gehgeschwindigkeit, unterteilt nach Ausgangsniveau (n = 91)
von – bis [m/s] Veränderung [%] verbessert [%] bestes Viertel gutes Viertel schwaches Viertel schlechtestes Viertel
* = statistisch signifikante Veränderung
Tabelle 6 Veränderung der Leistungsfähigkeit bei der Untersuchung der maximalen Schrittlänge, unterteilt nach Ausgangsniveau (n = 91)
von – bis [cm] Veränderung [%] verbessert [%] bestes Viertel gutes Viertel schwaches Viertel schlechtestes Viertel
* = statistisch signifikante Veränderung
Tabelle 7 Veränderung der Leistungsfähigkeit bei der Untersuchung des Aufstehens vom Stuhl, unterteilt nach Ausgangsniveau (n = 91)
von – bis [sek] Veränderung [%] verbessert [%] bestes Viertel gutes Viertel schwaches Viertel schlechtestes Viertel
* = statistisch signifikante Veränderung
Tabelle 8 Veränderung der Leistungsfähigkeit im Gesamtscore, unterteilt nach Ausgangsniveau (n = 91)
Veränderung [%] verbessert [%] bestes Viertel gutes Viertel schwaches Viertel schlechtestes Viertel
* = statistisch signifikante Veränderung
PRAKTISCHE HINWEISE ZUR UMSETZUNG DES TRAININGSPROGRAMMS Trainingsbeginn in der Wohnung
Zur Bildung eines Vertrauens war das Training in der eigenen Wohnung meist unverzichtbar.
Dabei wurden zunächst 15 bis 20 Minuten Übungen zur Verbesserung des Gleichgewichts,
danach 40 bis 45 Minuten Krafttraining durchgeführt. Die Anforderung an die Teilnehmer
sollte so hoch sein, dass die Trainer eine gewisse Anstrengung der Übenden registrieren
sollten. Individuell konnten hier sehr gut Schwerpunkte gelegt werden, die mit den
Projektmitarbeitern anhand der Eingangsuntersuchung festgelegt wurden. Die
Pflegefachkräfte fanden meist Lösungen bei Teilnehmern die vor Beendigung des 10
Trainingseinheiten umfassenden Leistungskomplexes in der Gruppe trainieren wollten. Der
Herangehensweise „zuerst zu Hause – dann in der Gruppe“ wird dadurch nicht
widersprochen. Die Modifizierbarkeit erhöht so die praktische Umsetzung. So konnten viele
Teilnehmer zügig in ihre wohnungsnahe Trainingsgruppe integriert werden. Dadurch wurden
bei den Trainer wieder neue Kapazitäten für Einzeltraining frei. In Einzelfällen waren die
Trainer überfordert. Dies weist auf die Notwendigkeit einer Unterstützung durch einen
Experten mit sportwissenschaftlichem Hintergrund hin.
Im Gruppentraining konnte das Programm aus dem Heimprojekt als Basisprogramm mit
geringen Modifikationen übernommen werden. Das Gleichgewichtstraining wurde in einigen
Gruppen durch Übungen aus dem Tai Chi und Qi Gong ergänzt. Die Akzeptanz und
Übungsleiter
Als Gruppentrainer wurden Sportlehrer, Therapeuten, Pflegefachkräfte der teilnehmenden
Sozialstationen und eine ehrenamtliche Seniorin gewonnen. Die durchgehend gute Qualität
der angebotenen Trainingseinheiten spricht dafür, dass auch Pflegefachkräfte unter
Supervision erfolgreich und sicher Trainingsgruppen leiten können. Offensichtlich ist eine
Ausbildung, die über 10 Unterrichtsstunden an 5 Tagen mit anschließender Supervision
vermittelt wird ausreichend, um ein ansprechendes und effektives Training auch an
trainingstherapeutisch nicht vorgebildete Pflegefachkräfte zu vermitteln. Dies könnte dafür
sprechen, dass die Fähigkeit zum Umgang mit hilfsbedürftigen Menschen eine nicht
unwesentliche Komponente in diesem Kontext darstellt.
Trainingsorte
Die Trainingsgruppen wurden dezentral in unterschiedlichen Räumlichkeiten durchgeführt.
Dabei wurden nur Räume genutzt, die unentgeltlich zur Verfügung gestellt werden. Neben
kirchlichen Trägern konnten Seniorenbegegnungsstätten und Sportvereine angeworben
werden. In allen Fällen konnte die Bereitschaft zur Überlassung der Räumlichkeit dadurch
verstärkt werden, dass die genutzten Trainingsmittel auch von trägereigenen Gruppen
Voraussetzungen, die von einer Räumlichkeit als Trainingsraum erbracht werden müssen,
sind etwa 30 bis 40 qm Fläche und eine ausreichende Anzahl von Stühlen, die den
überwiegend gebrechlichen Teilnehmern ausreichend Sicherheit bieten (keine leichten
Kunststoffstühle). Das Vorhandensein von Toiletten in der nächsten Nähe ist wichtig.
Umkleideräume sind nicht nötig, da das Training von den meisten Teilnehmern in
Alltagskleidung durchgeführt wird. Weiterhin muss die Möglichkeit zur Lagerung der
Trainingsmittel gegeben sein. Diese kann auch in einem anderen Raum sein und die
Trainingsmittel können mit Kisten und Rollbrettern transportiert werden. Ein längerer
Transport der schweren Trainingsmittel ist aber für die Trainer kaum zumutbar.
Transport
Der Transport der Teilnehmer zwischen Wohnung und Trainingsort stellt bei den älteren
gehbehinderten Menschen ein logistisches Problem dar. Die Zielgruppe ist hilfsbedürftig und
war meist nicht in der Lage den Trainingsraum alleine zu erreichen. Im Modellvorhaben
wurde dies durch eine (nicht beantragte und daher) externe Finanzierung gelöst. Durch die
verschiedenen Fahrten der Behindertentransporte wurden dem Projekt erhebliche
Fahrtkosten in Rechnung gestellt. Der „Service“ der Behindertentransporte umfasste auch
den Weg von der Haustüre bis zum Auto. Dies ist z.B. bei einem mehrgeschossigen Haus
ohne Aufzug ein wesentliches Qualitätsmerkmal bei diesem Kollektiv. Die Basis der
Fahrtkostenberechnung war 1 € je Kilometer. Auch bei einer Entfernung von maximal 2
Kilometern Anfahrt zwischen Wohnung und Trainingsort aufgrund der dezentralen
Trainingsorte, waren die Kosten erheblich, weil vom Anbieter auch die Anfahrtskosten in
Rechnung gestellt wurden. Die Transportierten beteiligten sich an den Fahrtkosten mit einem
Eigenanteil von 3,- €, was dem Preis mit öffentlichen Verkehrsmitteln entspricht. Da die
Trainingsgruppen zwischen 9.00 und 11.00 Uhr oder am frühen Nachmittag stattfanden, gab
es nur sehr selten Familienmitglieder oder Freunde, die zeitlich in der Lage waren, ihre
Angehörigen zum Training zu bringen. Bei vielen Teilnehmern waren keine Angehörigen
ortsansässig. Auf Nachfrage war es nur in Ausnahmefällen möglich, dass der Transport
durch Nachbarschaftshilfe durchgeführt werden konnte.
Auch wenn nach unseren Erfahrungen der Anteil eine Eigenbeteiligung von 4 bis 5 € je
Trainingstermin von den Teilnehmern akzeptiert würde, wäre dies für die Eigenfinanzierung
der Fahrtkosten nicht ausreichend. Daher müssen kostengünstigere Wege gefunden
werden. Im Rahmen einer flächendeckenden Umsetzung sollte im Vorfeld über eine
organisierte Einbindung von ehrenamtlichen Helfern nachgedacht werden. Im städtischen
Umfeld kann dies über die Freiwilligenarbeit bei kirchlichen Trägern, mit räumlicher
Trainingsanbindung in der Kirchengemeinde, oder in räumlicher Anbindung in
Krankenhäusern und Pflege- und Wohneinrichtungen über die grünen Damen und Herren,
Zivildienstleistende oder Freiwillige im sozialen Jahr organisiert werden. Im ländlichen
Umfeld könnte zusätzlich der ortsansässige Sportverein in die Organisation der Fahrten
Überlegung zur Identifikation und Ansprache von Teilnehmern
Ein hoher Anteil der Teilnehmer wurde von Sozialstationen angesprochen. Dies zeigt, dass
es möglich ist in dieser Zielgruppe neben dem wichtigen Kontakt über den Hausarzt weitere
Wege zur Initiierung von Präventionsprogrammen zu ermöglichen. Es zeigte sich aber auch,
dass weder alle Hausärzte noch alle Sozialstationen gleich effektiv in der Ansprache von
Die Gründe für die Unterschiede zwischen im Programm erfolgreichen Sozialstationen und
Primärärzten konnten von uns nicht sicher identifiziert werden. Offenbar sind es aber keine
finanziellen Gründe, die die Unterschiede erklären können.
In den Gesprächen mit den Mitarbeitern der Sozialstationen sowie den Dienstleitungen
haben sich einige Anhaltspunkte ergeben, welche Faktoren förderlich beziehungsweise
hinderlich seien können. Auffällig ist, dass diejenigen Pflegedienste bei denen die Dienst-
beziehungsweise die Pflegedienstleitung das Projekt besonders aktiv unterstützten, viele
Als erfolgreichstes Modell hat sich die Kombination von engagierten Pflegemitarbeitern,
eines engagierten Hausarztes und einer starken regionalen Verankerung des Pflegedienstes
Bezüglich der Motive wird auf die Hausarztberichte und den Bericht der
Sozialstationsleitungen im 2. Jahresbericht verwiesen.
ASSESSMENT
Einschätzung des Sturzrisikos bei hilfsbedürftigen älteren Menschen
Das Einschätzen (Assessment) des Sturzrisikos älterer Menschen ist von entscheidender
Bedeutung, um eine gezielte Prävention zukünftig zu ermöglichen. Bevor das
Assessmentverfahren gewählt wird ist zu klären, welches Ziel eine Intervention verfolgt, da
die alleinige Feststellung, dass ein erhöhtes Risiko besteht, meistens sinnlos ist.
Es gibt keine Untersuchung die bisher gezeigt hat, dass durch die Identifikation eines
erhöhten Risikos und anschließende allgemeine Ratschläge ein präventiver Effekt erzielt
wurde. Auch die allgemeine Feststellung anhand sogenannter Surrogatmarker ist
unzureichend, da hieraus keine individuelle Beratung erfolgen kann. Beispielsweise ist in
allen epidemiologischen Untersuchungen deutlich geworden, dass ein kürzlich
vorausgegangener Sturz das Risiko erhöht erneut zu stürzen. Daraus können aber alleine
keine gezielten sturzpräventiven Maßnahmen abgeleitet werden, welche Personen z.B. ein
Trainingsprogramm besuchen sollen oder welche Personen andere Maßnahmen ergreifen
Die Empfehlung der maßgeblichen Leitlinien setzt ein individuelles Assessment voraus, um
Risikofaktoren zu erkennen und diese gezielt verändern bzw. beeinflussen zu können
Dabei ist auch zu diskutieren, wer dieses durchführen soll bzw. kann (z.B. Arzt, Pflege,
Therapie). Mitentscheidend ist ein ressourcenschonendes Verfahren (Machbarkeit). Das
Verfahren sollte die Teilnehmer möglichst wenig belasten (Akzeptanz) und von diesen
verstanden werden (Betrachtungsvalidität). Es sollte vermieden werden, dass redundante
Fragen oder Untersuchungen durchgeführt werden (interne Validität). Erst nach Klärung
dieser Fragen sollten die vorgeschlagenen Komponenten auf ihre Interrater- und Retest-
Reliabilität untersucht werden. Dabei kann häufig auf bereits bekannte Verfahren
zurückgegriffen werden (z.B. Komponenten des Geriatrischen Basisassessments), die
bereits auf ihre Testgütekriterien geprüft wurden.
Dieser Kommentar erscheint unseres Erachtens nötig, da diese Überlegungen im Rahmen
des Nationalen Expertenstandards Sturzprävention bzw. der Leitlinien der Dt. Gesellschaft
für Allgemeinmedizin (DEGAM) noch nicht ausreichend berücksichtigt wurden.
Im Projekt wurde angestrebt ein Sturzrisikoassessment anzuwenden, das von Ärzten,
Therapeuten und Pflegemitarbeitern durchgeführt werden kann. Es sollte die wichtigsten
bekannten Risikofaktoren enthalten (Kraft, Balance, Sehen, Kognition, problematische
Medikamente, Sturzanamnese, Angst, Depressivität, Dranginkontinenz, häufige nächtliche
Toilettengänge, ADL-Einschränkungen). Das Assessment sollte möglichst auch in der
Wohnung der Betroffenen durchführbar sein und von den Interessenten am Programm
angenommen werden. Die Teilkomponenten sollten aus dabei etablierten
Das Assessmentverfahren des ersten Jahres wurde im zweiten Jahr nochmals modifiziert,
um die Akzeptanz und Durchführbarkeit zu verbessern. Dabei wurden keine neuen Fragen
oder Untersuchungen eingefügt, sondern das Verfahren gekürzt.
Das Assessment des ersten Jahres war nur bei 80% der Teilnehmer vollständig anwendbar.
Es war bei 52 Personen nicht durchführbar. Außerdem erschien es uns für die Routine eines
Hausarztes als zu zeitaufwendig (> 60 Minuten, mehr als ein Termin).
Nach unserer Einschätzung eignet sich das Verfahren des ersten Jahres für eine
differenzierte Beurteilung im Rahmen einer Sturzpräventionsambulanz (Fall Clinic). Dies
betrifft beispielsweise Personen mit häufigen Stürzen oder nach sturzbedingten
Das Assessment des zweiten Jahres ist dagegen für den Einsatz in der hausärztlichen
Praxis oder für Pflegedienste mit entsprechender Ausbildung und Therapeuten gut geeignet.
Das Assessment wurde bereits im 2. Jahresbericht beschrieben.
Hinweise zu den empfohlenen Assessmentinstrumenten
Mobilität (Rivermead Mobilitäts Interview) Im ersten Jahr wurden sämtliche 15 Fragen des
Scores abgefragt. Der Score wurde von den Teilnehmern akzeptiert. Es zeigte sich, dass die
Fragen 1-7 und 15 bei allen Teilnehmer bejaht bzw. verneint wurden (Deckelungseffekt). Für
das Assessment im zweiten Jahr wurden diese Fragen daher nicht mehr verwendet
Maximale Schrittlänge (dynamische Balance): Der Test wurde von den Teilnehmern gut
akzeptiert Der Test ist auch in der Wohnung gut durchführbar, da nur ein Maßband und ein
Stuhltransfer (funktionelle Kraft): Mittels des „three chair rise“ wurde die Fähigkeit der
Teilnehmer gemessen, vom Stuhl aufzustehen. Der Test wurde von den Teilnehmern gut
akzeptiert und konnte durchführt werden. Es zeigte sich, dass viele Teilnehmer nicht ohne
Abstützen an einer Armlehne vom Stuhl aufstehen konnten, aber ein entsprechender Stuhl
(mit Armlehnen) in der Wohnung oft nicht vorhanden war. Für verlässliche und vergleichbare
Beschreibung des Stuhltransfers sollte ein entsprechender Stuhl mitgebracht werden.
Kognition: Zur Beurteilung der Kognition wurde das „Brief Memory Screening Questionnaire“
eingesetzt. Der Zeitbedarf für die Durchführung des Tests betrug etwa drei Minuten. Die
Akzeptanz war hoch, der Test konnte bei allen Teilnehmern durchgeführt werden.
Depression: Im ersten Jahr wurde der GDS Test mit vier Fragen eingesetzt, um einen
Anhaltspunkt für das Vorliegen einer Depression zu erhalten. Im zweiten Jahr kam der GDS
Der Grund für die Umstellung war die mangelnde Sensitivität von Frage 2 und 3 im 4-Item
Kontinenz: Die Formen der Kontinenz wurde mit fünf Fragen abgeklärt. Die Fragen wurden
Sehfähigkeit: Zur Einschätzung der Sehfähigkeit wurde im ersten Jahr das Kontrastsehen
und der Fernvisus getestet. Die Einschätzung des Fernvisus ist in der Wohnung nicht
anwendbar, da hierfür eine genormte Lichtstärke im Raum und ein Abstand von 5 Metern
gegeben sein muss. Im zweiten Jahr wurde der Nahvisus überprüft.
Beurteilung der Wohnung bzw. des Wohnumfelds
Zu unserem Bedauern mussten wir erkennen, dass wir eine vergleichbar gut begründete
Einschätzung für die Analyse des Wohnumfelds gegenwärtig nicht geben können. Die zum
Zeitpunkt des Modells verfügbaren Verfahren waren alle methodisch unzureichend
untersucht. Insbesondere wird die Interaktion zwischen den Betroffenen und der jeweiligen
Zu den Problemen sei auf den Beitrag von Dr. Oswald im 2. Jahresbericht verwiesen.
Mittlerweile wurde im Rahmen eines EU Projektes (Enable-Age) ein schwedisches
ergotherapeutisches Verfahren (Housing enabler) für den deutschen Gebrauch übersetzt
und getestet. Es bleibt abzuwarten, ob dies die Grundlage für eine evidenzbasierte
Wohnberatungsstellen angefordert werden.
PRÄDIKTION VON NICHT VERMEIDBAREN STÜRZEN
Im Modellvorhaben konnte keine vollständige Sturzverhinderung erreicht werden. Dies
konnte auf Grund aller bisherigen Untersuchungen zur Sturzprävention auch nicht erwartet
werden. Umso wichtiger erscheint es, „nicht vermeidbare“ Stürze zu analysieren und die
Risikofaktoren/-indikatoren hierfür zu betrachten. Mögliche Gründe für eine unzureichende
Wirkung wären z.B. eine mangelnde Wirksamkeit der Intervention, eine unzureichende
Mitarbeit der Teilnehmer oder eine hohe Drop-out Rate durch interkurrente Erkrankungen.
Daher ist es wichtig neben den Personen die besonders erfolgreich waren auch die
Teilnehmer zu erkennen, wo keine Erfolge oder möglicherweise sogar Misserfolge zu
In einem statistischen Modell wurden folgende Parameter auf ihre Vorhersagekraft für nicht
- mehr als drei nächtliche Toilettengänge
- deutliche Einschränkungen im Rivermead Score (<10 Punkte)
- ein fehlender Augenarztkontakt im letzten Jahr.
Folgende medizinische Parameter wurden als Indikator untersucht:
- reduzierte Lebensqualität (SF 12 schlechtere Hälfte).
Außerdem wurden die zuvor beschriebenen motorischen Untersuchungen berücksichtigt:
- Standpositionen (Semitandem <15 sec)
Für die Wahrscheinlichkeit, einen Sturz zu erleiden, ergab sich für 220 Teilnehmer mit
vollständigem Follow-up ein (univariater) möglicher Einfluss der folgenden Faktoren. Dabei
werden in Klammern die Odds Ratios (OR) angegeben. Die Odds Ratios sind ein Maß für die
wahrscheinliche Risikoerhöhung einer Person, die dieses Merkmal aufweist gegenüber einer
- selbsteingeschätzte Lebensqualität (OR = 1,6)
- häufige nächtliche Toilettengänge (OR = 1,8).
Die anderen weiter oben genannten Parameter hatten keinen messbaren Einfluss auf die
Wahrscheinlichkeit, einen Sturz zu erleiden.
PRÄDIKTION FÜR DEN VERLUST DER FÄHIGKEIT IN DER EIGENEN WOHNUNG ZU WOHNEN
Es wurde weiter untersucht ob es möglich ist Personen zu erkennen, die versterben oder in
ein Heim umziehen. Diese Personen würden möglicherweise einen geringeren Nutzen in
In einem statistischen Modell wurden folgende Parameter auf ihre Vorhersagekraft
- mehr als drei nächtliche Toilettengänge
- deutliche Einschränkungen im Rivermead Score (<10 Punkte)
- ein fehlender Augenarztkontakt im letzten Jahr.
Folgende medizinische Parameter wurden als Indikator untersucht:
- reduzierte Lebensqualität (SF 12 schlechtere Hälfte).
Außerdem wurden die zuvor beschriebenen motorischen Untersuchungen berücksichtigt:
- Standpositionen (Semitandem <15 sec)
Dabei ermöglichten folgende Parameter für 220 Teilnehmer mit vollständigem Follow-up eine
Vorhersage nach einem Jahr noch alleine in der Wohnung leben zu können:
- ausreichende subjektive (seelische) Lebensqualität (OR=1,9)
- kein Hinweis auf M. Parkinson (OR=5,0)
- keine kognitive Einschränkungen (OR=2,0)
VERGLEICH DER TEILNEHMER DES ERSTEN UND ZWEITEN PROJEKTJAHRES
Es wurde angestrebt einen Vergleich der Teilnehmer des ersten und zweiten Jahres unter
verschiedenen Gesichtspunkten vorzunehmen. Die Projektplanung ging davon aus, dass es
nach einer Welle der Begeisterung und Euphorie zu einer Veränderung der Teilnehmer
kommen würde. Wir gingen davon aus, dass einige Sozialstationen zunächst sehr viele
Teilnehmer ansprechen würden und danach die Teilnehmerzahl möglicherweise aber auch
die Teilnehmermerkmale sich verändern könnten. Um dies zu quantifizieren wurde ein
Vergleich der Teilnehmer des ersten Jahres (270 Personen) und des zweiten Jahres (213
Die Teilnehmer des zweiten Jahres waren etwas jünger als im ersten Jahr (81,6 vs. 82,5
Jahre). Die Geschlechterverteilung sowie die Wohnsituationen der Teilnehmer weisen keine
größeren Unterschiede auf. Auch die Pflegeabhängigkeit ist ähnlich, es fällt jedoch auf, dass
im zweiten Projektjahr mehr Menschen zur Teilnahme gewonnen werden konnten, die durch
Familienangehörige gepflegt wurden. Der Anteil der durch Pflegedienste versorgten
Teilnehmer ging von 49% auf 35% zurück.
Die Teilnehmer des zweiten Jahres gaben an, noch mehr Tätigkeiten (Gehen außerhalb des
Hauses ohne Hilfe, Gegenstände aufheben) als die des ersten Jahres selbst durchführen zu
können. Dies passt zu dem Ergebnis des Gleichgewichtstest. Bei den Teilnehmern des
zweiten Jahres waren 17% in der Lage, im Tandem-Stand noch 15 Sekunden zu stehen
Drei Viertel der Teilnehmer gaben eine subjektive Gangunsicherheit an, knapp zwei Drittel
(64%) hatten einen Sturz im letzten Jahr. Ein Viertel der Teilnehmer hatte in den letzten fünf
Jahren eine Fraktur, 6% eine Hüftfraktur. Diese Zahlen waren unverändert gegenüber dem
Im Vergleich der beiden Interventionsjahre fällt auf, dass der Anteil der Teilnehmer mit einem
Schlaganfall deutlich zurück gegangen ist (28% vs. 15%). Dies trifft ebenso auf
Parkinsonerkrankungen zu (11% vs. 6%). Da keine der sonstigen erhobenen Diagnosen
erheblich zugenommen hat ist zu vermuten, dass von den zuführenden Stellen Schlaganfall-
und Parkinsonpatienten als besonders sturzgefährdet eingestuft wurden und deshalb zum
großen Teil bereits im ersten Jahr gemeldet wurden.
Im kognitiven Screening wurden 29% der Teilnehmer als auffällig eingestuft. Das spricht
dafür, dass im zweiten Projektjahr zunehmend auch demenzkranke Menschen erreicht
wurden. Dies wird durch den jeweils fast verdoppelten Anteil an Teilnehmern, die Hypnotika
(7% vs. 13%) bzw. Antipsychotika (5% vs. 9%) erhalten, unterstützt. Der Anteil der
Teilnehmer die Antidepressiva erhalten, war im zweiten Jahr ähnlich wie im ersten Jahr
UMSETZUNG IN LÄNDLICHE REGIONEN Horst Mühlberger, Ökumenische Sozialstation Heidenheim
(Es wurde mit den Fördergremien abgestimmt, eine ländliche Region zu beteiligen, um die
Seit Mitte 2003 beteiligt sich die Ökumenische Sozialstation Heidenheim an dem
Modellprojekt. Insgesamt drei Mitarbeiter der Sozialstation nahmen 2003 und 2004 am
Curriculum teil. Die Ökumenische Sozialstation Heidenheim betreut Patienten im gesamten
nördlichen Teil des Landkreises Heidenheim. Durch die Größe der Sozialstation bestehen
gute Kontakte zu den Kliniken des Landkreises und zu den örtlichen Hausärzten, sowie zu
den lokalen Kostenträgern. Im Jahr 2004 wurden von den Projektmitarbeitern insgesamt 57
Teilnehmer betreut. Die Ansprache der Teilnehmer geschah überwiegend über die
ökumenische Sozialstation Heidenheim bzw. über Teilnehmer, die Nachbarn oder Freunde
ansprachen. Insgesamt wurden 70 Hausbesuche mit den Schwerpunkten Kraft- und
Balancetraining, Umgebungsanpassung und Hüftprotektoren durchgeführt. Mehrere
Teilnehmer besuchten sofort oder nach nur einem Hausbesuch die ambulanten
Trainingsgruppen. Im Landkreis Heidenheim gibt es mittlerweile sechs Trainingsgruppen.
Drei wurden 2004 neu gegründet, eine muss aufgrund des Ausfalls mehrerer Teilnehmer zur
Zeit pausieren. Die meisten Trainingsteilnehmer erreichen die Trainingsorte selbständig
oder mit Hilfe von Angehörigen bzw. Bekannten. Mindestens einmal scheiterte der Übergang
vom Einzel- zum Gruppentraining an den Transportproblemen. 57% der Teilnehmer, die
Einzeltraining erhielten, besuchten anschließend eine Trainingsgruppe. Der Besuch in den
Trainingsgruppen ist sehr regelmäßig. Dies spricht neben einer hohen Akzeptanz des
Programms auch für einen zumindest durch die Teilnehmer subjektiv empfundenen Erfolg
des Trainings. Bei knapp der Hälfte der Teilnehmer des Einzeltrainings kamen
Hüftprotektoren zum Einsatz. Als besonderer Motivationsfaktor hat sich das Gespräch über
den Einsatz von Hüftprotektoren beim gemeinsamen Trainingsbesuch erwiesen. Die
Ökumenische Sozialstation Heidenheim hat das Programm erfolgreich im Landkreis
Heidenheim verbreitet. Neben der Einrichtung von sechs Trainingsgruppen in fünf
unterschiedlichen Gebieten wurde das Programm mehrfach vorgestellt. Die Kliniken des
Landkreises wurden mit drei Informationsveranstaltungen einbezogen. In fünf Ortschaften
wurde das Programm im Rahmen von Seniorennachmittagen oder ähnlichem vorgestellt. Mit
der AOK Heidenheim sowie der neuen BKK wurde über die Möglichkeit einer Beteiligung
In vier weiteren Orten ist der Aufbau von Trainingsgruppen, einmal in Kooperation mit einer
STURZPRÄVENTION UND HAUSÄRZTLICHES HANDELN Dr. Markus Gulich, Facharzt für Allgemeinmedizin, Abt. Allgemeinmedizin der Universität Ulm
Stürze älterer Menschen sind ein alltägliches Phänomen, und obwohl die ärztliche Betreuung
älterer Menschen zu den originären allgemeinmedizinischen Aufgaben zählt, finden sich in
den Fallstatistiken von Braun oder Landoldt-Theus keine Angaben über Stürze als
hausärztliche Aufgabe. Dies liegt am ehesten daran, dass bis heute die ärztliche
Aufmerksamkeit vor allem auf die Sturzfolgen, also Verletzungen, Frakturen etc. und weniger
auf deren tiefere Ursachen gerichtet ist. Diese Haltung beginnt, sich langsam zu ändern.
Der Hausarzt steht neben dem Patienten im Zentrum dieses sich abzeichnenden Wandels.
Das hat mehrere Gründe und es zeichnen sich mehrere Vorteile ab, die gerade aus der
hausärztlichen Patientenbetreuung für den Patienten erwachsen können.
• Sturzprävention wird immer deutlicher als ein interdisziplinäres, multifaktorielles
Bemühen begriffen. Und je mehr der Aspekt der Interdisziplinarität in den
Vordergrund rückt, umso deutlicher wird, dass ein starker Bedarf entsteht an der
klassischen hausärztlichen Koordinationsfunktion in der Patientenversorgung. Bei all
dieser Interdisziplinarität müssen ja schließlich die Informationen irgendwo
zusammenlaufen und vor allem mit dem Patienten einfühlsam sortiert werden – eine
• In der Sturzprävention spielen weniger die typischen medizinischen
Interventionsstrategien (Medikamente, Operationen, etc.) eine Rolle, sondern häufig
Strategien der Alltagsgestaltung und der Adaptation von Lebensumständen, z.B.
körperliches Training (ja, auch und gerade für die alten Alten!), Ausstattung des
häuslichen Umfelds (Beleuchtung, Risikostellen in und um die Wohnung, etc.).
Erkennen und Anpassen von Risikoverhalten, Ernährung, etc., etc. Verstehen sich
nicht gerade die Hausärzte als Meister darin, aus dem „Vollen der
Interventionsstrategien zu schöpfen“ und eben nicht nur den Rezeptblock zu zücken.
Und nicht zuletzt waren die Hausärzte de facto immer schon die Vorreiter, wegzukommen
von einer diagnose- und defizitorientierten Gesundheitsversorgung, hinzukommen zu einer
individuellen, funktionellen Versorgungsstrategie, wie sie bei der Sturzprävention beispielhaft
VOM WISSEN ZUM HANDELN - UMSETZUNG IN DEN VERSORGUNGSALLTAG
Die vielleicht wichtigste Frage betrifft die mögliche Umsetzung der hier vorgestellten
Erkenntnisse in den Versorgungsalltag in Deutschland. Dabei sind z.B. Fragen nach den
Zielgruppen, der Organisation, der Intensität, Dauer und Frequenz der Maßnahmen zu
Ein langfristiges Programm sollte mindestens 20-30% der gefährdeten Person erreichen.
Es bleibt zu entscheiden, welche Berufsgruppe die Identifikation der Personen vornehmen
soll und nach welchen Kriterien dies erfolgen sollte. Aus unserer Sicht sind Hausärzte und
Sozialstationen mögliche Zugangswege. Therapeuten, Fachärzte, Krankenkassen und der
Zwar sind Kampagnen zur Gesundheitsaufklärung denkbar, es muss aber darauf
hingewiesen werden, dass keine überzeugenden Daten vorliegen, dass dies alleine
nachhaltige Effekte erzeugen kann (Gillespie 2003).
Weiter muss geprüft werden, wie die Leistungen finanziert werden können und wie der
Eigenanteil der Betroffenen gestaltet werden soll, ohne dass es zu einer deutlich geringeren
Beteiligung kommt. Die Bereitschaft und Fähigkeit zur Selbstbeteiligung wird in dieser
Personengruppe in den nächsten Jahren eher zunehmen.
Es sollten mögliche Endpunkte beschrieben werden. In erster Linie ist dabei an eine
Überwachung der sturzbedingten Frakturen zu denken, da diese auch jetzt schon erfasst
werden. Ein Traumaregister (z.B. Krankenkassendaten) kann die Effektivität überprüfen.
Als wichtigstes primäres Ziel sollte die Senkung der Inzidenz der proximalen Femurfrakturen
betrachtet werden. Gegenwärtig liegt die Rate bei mehr als 800 Frakturen pro 100.000
Personen über 65 Jahren. Als überprüfbares Ziel könnte formuliert werden, diese Zahl auf
zunächst unter 700 / 100.000 in den nächsten Jahren zu senken. Da nahezu alle Personen
dieser Fallgruppe im Krankenhaus mit definierten DRG’s behandelt werden, ist es ein
Die Veränderung der körperlichen Leistungsfähigkeit der Präventionsteilnehmer kann mit
einfachen Screeningtesten (siehe Assessment) dokumentiert werden.
Die Mindestvoraussetzungen der beteiligten Leistungserbringer müssen definiert werden,
ohne dass überzogene bürokratische Barrieren die Umsetzung verhindern. Eine
Schulungsdauer von mehr als einer Woche wird die Umsetzung behindern. Das vorgestellte
Curriculum (s. Erster Jahresbericht) hat sich aus unserer Sicht bewährt. Möglicherweise
Bei einer Umsetzung durch Mitarbeiter von Sozialstationen würde dies bedeuten, dass sich
ca. 2000 bis 3000 Pflegestationen beteiligen müssten. Pro Station sollen zwei Personen
geschult werden, um eine flächendeckende Versorgung sicherzustellen.
Zur Weiterbildung der Hausärzte ist der Zeitbedarf geringer anzusetzen. Hier sollte es
möglich sein, die Kernkompetenzen in einem Schulungstag zu vermitteln. Die neue
Gebührenordnung (EBM 2005) sieht erstmals die Durchführung eines Geriatrischen
Assessments vor. Die Beratungsleistung wird aus Zeitgründen nur schwierig durch
Für die Anleitung des häuslichen Trainings können Therapeuten mit eingebunden werden.
Hier besteht ein Schulungsbedarf von einem Tag, um die erforderlichen Kenntnisse zu
erwerben. Derselbe Zeitbedarf wird für die Ausbildung zur Leitung des Gruppentrainings
Bei der geplanten Durchführung des hier beschriebenen Trainings sind folgende
Kosten/Überlegungen zu berücksichtigen. Die Kosten der Ausrüstung für einen Trainer, der
das Training in der Wohnung der älteren Menschen durchführt betragen ca. 130,- €. Für die
Ausrüstung einer Trainingsgruppe müssen nach den Erfahrungen aus dem Modellvorhaben
Zum Transport der Teilnehmer wurden Behindertentransporte eingesetzt. Durchschnittlich
ein Transport-PKW war im Einsatz, um die Teilnehmer einer Gruppe zum Trainingsort zu
bringen und abzuholen. Die restlichen Teilnehmer organisierten ihren Transport selbst. Ein
Transport kostete etwa 25,- €, abhängig von der Lage des Trainingsortes, der Wohnorte und
der Anfahrt des Transportfahrzeugs. Grundlage für die Berechnung war 1,- € pro Kilometer.
Der Eigenanteil der Teilnehmer, die durch den Transportdienst befördert wurden, lag bei
3,- € pro Termin. Grundlage dafür war der aktuelle Fahrpreis für öffentliche Verkehrsmittel.
Befragungen ergaben jedoch, dass ein Eigenanteil der Teilnehmer von 4,- € pro Teilnehmer
(12, - € pro Trainingstermin bei drei beförderten Personen) einkalkuliert werden kann.
Alle Räumlichkeiten wurden für das Modellvorhaben kostenfrei zur Verfügung gestellt. Es ist
damit zu rechnen, dass dieses Entgegenkommen auch in anderen Städten/Gemeinden
erreicht wird, wenn die Nutzung der Trainingsgeräte für andere Gruppe des Raumstellers,
und/oder die Teilnahme an der Gruppe auch für andere Interessierte kostenneutral
angeboten wird. Die Trainer wurden mit 25,- € pro Stunde/Unterrichtseinheit vergütet.
Die Messergebnisse des Trainings zeigen, dass es für die Verbesserung der körperlichen
Leistungsfähigkeit erforderlich ist, ein intensives Training über mehrere Monate
durchzuführen. Alternativ wäre ein Training an zwei Tagen in der Woche denkbar, das auch
über ein dreimonatigen Zeitraum ähnliche Effekte erzielen kann. Ein Gruppentraining zur
Fortführung der Hausbesuche, erscheint aus Kostengründen aber auch psychosozialen
Für rüstige Personen ist eine Förderung durch Krankenkassen nicht sinnvoll. Hier sollten
allgemeine Ratschläge zum Selbsttraining erfolgen bzw. in Sportverbänden oder
Fitnesscentern intensive Programme empfohlen werden.
Integrierte Versorgung
Es sollte geprüft werden, ob die Umsetzung im Rahmen der integrierten Versorgung Modelle
(GMG § 140 ff) erfolgen kann. Durch die Beteiligung mehrerer Berufsgruppen kann bei
einem manifesten Versorgungsdefizit eine organisatorische und finanzielle Absicherung
erfolgen. Die im Rahmen der integrierten Versorgung üblichen Kriterien würden die
Leistungsbeschreibung, Qualitätssicherung und fachliche Qualifikation bereits umfassen.
Bisher sind uns keine entsprechenden Verträge bekannt. Die Umsetzung im Rahmen der
integrierten Versorgung wird derzeit meist auf einzelne Leistungsträger beschränkt. Dies
führt zu erheblichen Problemen bei der Umsetzung. Nur große Kassen können hier tätig
Bonusmodelle
Im Rahmen des Gesundheitsmodernisierungsgesetzes wurde die Möglichkeit geschaffen im
Rahmen von Bonusmodellen neue Versorgungsangebote zu finanzieren.
Ein Pilotprogramm wurde mit der BKK Bosch im Dezember 2004 begonnen. Dabei wurden
die Erkenntnisse des Ulmer Modells berücksichtigt. Das Programm wird an zwei Standorten
150 Personen angeboten. Es ist noch zu früh, um dies abschließend beurteilen zu können.
Wahrscheinlich wird auch dieser Weg bei einer flächenhaften Umsetzung an Grenzen
Sozialstationen als Koordinatoren
Die Mitarbeiter der Sozialstationen, die als Mentoren ausgebildet wurden, waren sehr
motiviert, geeignete Patienten der Stationen als Teilnehmer anzusprechen. Die Arbeit im
Modellvorhaben wurde als motivierend, interessant und kompetenzerweiternd beschrieben.
Daher stellt sich die Frage, ob Sozialstationen zukünftig die Steuerungsfunktion bei der
Umsetzung der Sturzprävention im ambulanten Bereich übernehmen könnten.
Bei dem 2001 abgeschlossenen Heimprojekt (Berichte unter www.aktivinjedemalter.de)
wurde erfolgreich ein Settingansatz gewählt. Dabei wählten die Leistungserbringer die
Kandidaten aus und erhielten eine strukturierte Ausbildung (Wissensverbesserung) und eine
materielle Unterstützung bei den Investitionskosten sowie eine zeitlich limitierte Finanzierung
des körperlichen Trainings. Die Einrichtungen mussten sich auf eine strukturierte
Dokumentation verpflichten und mindestens eine Person als verantwortlichen Mentor
benennen. Der zuständige Landesverband der AOK (Baden-Württemberg) übernahm die
Aufgaben der Koordination und Evaluation.
Dieser Ansatz wird sich unseres Erachtens nicht ohne weiteres auf die ambulante
Versorgung übertragen lassen. Die deutlich kleinteiligere Organisation mit der dualen
Trennung von pflegerischer und medizinischer Versorgung stellt sich als Barriere führ diesen
Ansatz dar. Es erscheint unwahrscheinlich, dass dies ohne geregelte Organisationsstruktur
wie bei der integrierten Versorgung umbesetzt werden kann (siehe auch Ausbildung der
Integration als Regelleistung in die hausärztliche Versorgung
Ähnliche Überlegungen gelten für die Rolle der Hausärzte. Im beschriebenen
Modellvorhaben waren einzelne Hausärzte hervorragende Mentoren des Modells. Die
Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin (DEGAM) hat im Jahre 2003 eine
evidenzbasierte Leitlinie verfasst und getestet und sieht zukünftig eine wichtige Rolle der
Hausärzte im Erkennen von Sturzgefährdung und nachlassender physischer
In der Tat haben mehr als 90% der Versicherten regelmäßigen Kontakt zu ihrem Hausarzt
und mehr als 60% der älteren Patienten sehen in ihm den wichtigsten Ratgeber in
gesundheitlichen Fragen. Wie erwähnt, sieht die neue Gebührenordnung (EBM 2005)
erstmals auch vor, ein Geriatrisches Assessment zu finanzieren. Dies kann z.B. die
Abklärung der Sturzgefährdung umfassen.
Es steht für uns außer Frage, dass den Hausärzten eine Schlüsselrolle zukommen kann, die
jedoch gegenwärtig kaum wahrgenommen wird.
Allerdings müssen die Voraussetzungen der weiterführenden Beratung und des körperlichen
Trainings vorhanden sein, da sich sonst zwangsläufig eine fatalistische Haltung einstellen
wird, wenn Risiken erkannt werden, aber die Umsetzung der Erkenntnisse nicht adäquat
Rolle der Therapeuten
In der Umsetzung eines nationalen Programms zur Sturzprävention und Verbesserung der
Mobilität älterer Menschen werden Physiotherapeuten und Ergotherapeuten eine
herausragende Rolle spielen. Die Autoren des Berichts (Dr. Ulrich Lindemann, Ulrich
Rißmann, Dr. Clemens Becker) haben in den vergangenen Jahren mehrere hundert
Personen aus diesen Berufsgruppen geschult.
Allerdings werden diese Berufsgruppen wohl eher als Partner und weniger als Träger der
Programme in Deutschland in Frage kommen. Das beschriebene Programm bedarf der
multimodalen Intervention und dies bedingt ein interdisziplinäres Handeln bzw. einen
transdisziplinären Ansatz (Mitglieder einer Profession nehmen bestimmte Funktionen
Nach Auffassung der Autoren ist die gegenwärtige Ausbildung der therapeutischen
Berufsgruppen eine gute Voraussetzung aber keine ausreichende Grundlage entsprechende
Programme durchzuführen. In Neuseeland wurden Physiotherapeuten als Anleiter und
Supervisoren der trainierenden Pflegekräfte eingesetzt. Die Effektivität des Trainings durch
Pflegemitarbeiter war zumindest ebenbürtig.
Um nicht missverstanden zu werden, unter Berücksichtigung der verfügbaren Kapazitäten,
der Motivation, der Kosten wird es vermutlich lokal unterschiedliche Lösungen zur
Umsetzung der Programme geben müssen. Die Umsetzung in ländlichen Regionen z.B. wird
kaum auf eine vorhandene physiotherapeutische Infrastruktur aufbauen können.
Die Einbindung der Ergotherapie ist für eine optimierte Hilfsmittelversorgung und
Wohnungsanpassung sinnvoll. Hier sollte vom Hausarzt bzw. der Sozialstation die
Veränderungsbereitschaft geprüft werden.
Präventionsgesetzgebung
Gegenwärtig erscheint es möglich bei der Ausgestaltung von Präventionsmodellen ältere
Menschen als Zielgruppe zu berücksichtigen. Unseres Erachtens wäre die Sturzprävention
ein ideales Beispiel für eine Kampagne bei älteren Menschen. Die Erfolge ließen sich
messen. Eine evidenzbasierte In tervention ist beschreibbar. Die Zielgruppen wären
definierbar. Es bleibt abzuwarten, wie die vom Bundesrat akzeptierte Fassung ausgestaltet
wird und wer als möglicher Koordinator für eine nationale Initiative in Frage käme.
Krankenkassen als Initiatoren
Einzelne Krankenkassen haben in den letzten Jahren erkannt, mit welchen immensen
Kosten und Probleme Stürze verbunden sind. Neben dem AOK-Ansatz zur Sturzprävention
in Heimen (Information über die Autoren) und dem erwähnten Projekt der BKK Bosch, ist ein
anderer Ansatz einer Ersatzkasse erwähnenswert.
Im Jahr 2002 entschied der Vorstand der Hamburg-Münchner Ersatzkasse ein Modell zur
Vermeidung von sturzbedingten Verletzungen zu initiieren. Dabei wurden
Versichertenmerkmale benutzt, um zielgerichtet Hochrisikopersonen zu erkennen.
Typischerweise waren diese älter als 70 Jahre, weiblich, hatten kürzlich eine Fraktur erlitten
oder litten an bestimmten Erkrankungen wie Parkinson, Schlaganfallfolgen o.ä. Die
Versicherten wurden direkt kontaktiert. Sie erhielten Ratschläge zur Wohnanpassung,
Bewegung und ggf. zum Tragen eines Hüftprotektors. Letztere wurden kostenfrei für diese
Personen zur Verfügung gestellt. Das Controlling der Krankenkasse hat errechnet, dass mit
diesem Vorgehen die Zahl der Frakturen um mehrere Hundert rückläufig war. Die
eingesparten Kosten betragen mehrere Millionen €. Die Materialkosten lagen unter
Bei dem erwähnten Programm der AOK Baden-Württemberg wurden Sturzpräventions-
programme in 300 Pflegeeinrichtungen eingeführt. Das Programm wurde an Hand der
Erfahrungen des ersten Ulmer Modell zur Sturzprävention in Heimen gestaltet. Die
Erfahrungen des ersten Jahres zeigten einen Rückgang der sturzbedingten Krankenhausein-
weisungen um 20%. Dies zeigt, welche Rolle Krankenkassen in der Sturzprävention spielen
MDK Ansatz
Die MDK Begutachtung bietet unseres Erachtens eine hervorragende Gelegenheit
Kandidaten für eine Sturzprävention zu identifizieren. Dies könnte die Aufgabe der MDK
Mitarbeiter bereichern. Insbesondere betrifft dies auch Personen, die nicht die
Einstufungskriterien erfüllen. Gerade diese Personen sind häufig die Hochrisikopersonen für
Berufsgenossenschaften
Berufsgenossenschaften verfügen in Deutschland über hervorragende Kenntnisse in der
Unfallprävention. Die Unfallprävention der BG ist neben der Reduktion der
Verkehrsunfallopfer eine der erfolgreichsten Präventionsbeispiele der letzten Dekaden.
Zeitgleich zu dem Modellvorhaben wurde die nationale Kampagne „Sicherer Auftritt“ der BG
durchgeführt. Allerdings gab es keinen Bezug zu Sturzunfällen in Privathaushalten. Sowohl
die BG Verwaltung als auch die BG der Wohlfahrtsträger sieht dies auf Nachfrage nicht als
Bundesanstalt für Arbeitsmedizin und Arbeitsschutz (BAUA)
Die staatliche Zuständigkeit für Heim- und Freizeitunfälle in Deutschland liegt bei der BAUA
Dort wurden in verschiedenen Berichten Daten zur Unfallhäufigkeit ermittelt. Dabei fällt auf,
dass die genannten Zahlen 90% niedriger liegen als im angrenzenden Ausland. Die
genannte Zahl von 400.000 Stürzen bei Senioren würde z.B. bedeuten, dass jeder zweite
Sturz zu einer frakturbedingten Krankenhauseinweisung führt. Vermutlich hat die
telefonische Befragung im Rahmen der Telefoninterviews zu einer Kombination aus
Selektionsverzerrung und Verzerrung durch Erinnerungsdefiziten (Recall Bias) geführt.
Dies sollte unbedingt überprüft werden, um die nötigen Prioritäten setzen zu können.
Weiterentwicklung der Ausbildung der Pfle ge
Eine mehrstündige Schulung der Mitarbeiter der Pflegedienste ist notwendig, die das
Programm durchführen. Eine Grundlage für die Schulungsmaßnahmen kann das im
Modellvorhaben entwickelte Curriculum sein (vgl. erster Jahresbericht). Es erscheint möglich
die Durchführung anzupassen. Die Inhalte der Lehrveranstaltungen können vermutlich
komprimiert werden, so dass die Zeit von fünf Tagen Fortbildung auf zwei bis drei Tage
verkürzt werden kann. Dies setzt allerdings voraus, dass einige Inhalte in Eigenarbeit
außerhalb der Präsenzzeit erarbeitet werden. Um das Angebot des Modellvorhabens
möglichst vielen Pflegediensten in kurzer Zeit zugänglich zu machen, ist es sinnvoll, auch
neue Wege der Fort- und Weiterbildung mit einzubeziehen (E-learning).
WEITERE AKTIVITÄTEN (MEDIENRESONANZ, VORTRÄGE, KURSE)
Das Jahr 2004 war durch eine Vielzahl neuer Projekte und Initiativen im Bereich der
Sturzprävention gekennzeichnet. Die Resonanz in Fernsehen, Radio und Printmedien
Der erste Projektfilm wurde bei fünf Sendern des öffentlichen Fernsehens gezeigt. Der Film
Das Projekt wurde auf mehreren nationalen und internationalen Tagungen vorgestellt (z.B.
Tagung des europäischen Netzwerks zur Sturzprävention in Machester; World Injury
Conference in Wien; Deutsche Gesellschaft für Unfallchirurgie in Berlin; Europäischer
Pflegekongress in Freiburg; Tagung der Europäischen Geriatrischen Vereinigung – EUGMS
In verschiedenen Workshops wurden die gewonnenen Erkenntnisse an Pflegemitarbeiter,
Physiotherapeuten, Ärzte, Sportlehrer und Betroffene weitervermittelt (u.a. in
Zusammenarbeit mit: Ärztekammer Nordrhein, Ärztekammer Kärnten, Ev. Akademie Bad
Boll, Bayrischer Physiotherapeuten Verband, AOK Baden-Württemberg, BKK Bosch).
Zahlreiche Veröffentlichungen der Fach- und Laientreffen haben das Modell vorgestellt.
Durch die öffentliche Präsentation des Expertenstandards Sturzprophylaxe wurde die
Resonanz zum Thema und damit auch zu dem Modellvorhaben verstärkt. An der Erstellung
des Expertenstandards war ein Projektmitarbeiter (Ulrich Rißmann) maßgeblich beteiligt.
Webseite und Weiterbildungsmaterialien
Entsprechend der Antragsstellung wurde im Rahmen des Modells eine Webseite konzipiert
und der Öffentlichkeit kostenlos zur Verfügung gestellt. Das Ziel dieser Seite ist es,
Informationen zum Modell zeitnah und allgemeinverständlich einem breiten Publikum zu
präsentieren (www.aktivinjedemalter.de). Im Jahr 2004 haben mehr als 3000 Personen
dieses Angebot genutzt. Mehrere hundert Mal wurden die Projektberichte und die
Weiterhin wurde ein Schulungskoffer zum Thema Sturzprävention entwickelt und leihweise
zur Verfügung gestellt. Zielgruppen sind vor allem Multiplikatoren im Bereich der Pflege und
Therapie (z.B. Schulen, QM Beauftragte). Die Inhalte umfassen Videos zum Projekt, ein
Handbuch, Folien- bzw. CD Vorträge zum Thema sowie Materialien zum visualisieren der
Interventionen (Hüftprotektoren, Trainingsmaterialien, Hilfsmittel). Der Koffer wird gegen eine
Leihgebühr von 25,- € verliehen. Dies erfolgte während des Projektes mehr als 100 Mal.
Im Rahmen des Modellvorhabens wurden Broschüren zum Thema Kraft- und
Balancetraining sowie Ratschläge nach sturzbedingten Frakturen entwickelt. Diese wurden
mit anderen Partnern gedruckt und kostenlos abgegeben.
Beteiligung an europäischen Initiativen Prevention of Falls Network Europe (ProFaNE)
Die Mitarbeiter des Projekts haben sich am Aufbau eines europäischen Netzwerks zur
Sturzprävention ProFaNE maßgeblich beteiligt. Dieses Netzwerk wird seit 2003 von der
Europäischen Kommission gefördert. Die Förderung des thematischen Netzwerks beinhaltet
definitionsgemäß den Austausch des Wissens und nicht die Durchführung wissenschaftlicher
Studien und Modellvorhaben. Durch diesen Erfahrungsaustausch mit 25 Partnern in Europa
ist es gelungen, eine Infrastruktur zu schaffen, das Wissen aus dem Modellvorhaben auch in
andere Länder weiterzugeben. Besonders intensiv erfolgte dies mit Projektvorstellungen des
Modells in Finnland (Turku), Polen (Krakau), England (Warwick), Italien (Florenz), Frankreich
(Lyon) und Spanien (Barcelona). Dabei wurde das Programm in den genannten Städten /
Ländern mit den beteiligten Partnern diskutiert.
Die Struktur des Netzwerks ist in der Anlage beschrieben (Artikel im European Journal of
Aging). Weitere Information sind über die Webseite www.profane.eu.org erhältlich.
ProFaNE kann dazu beitragen, das Wissen des Modellvorhabens auch nach Projektende zu
verbreiten und weiterzuentwickeln. Die Beteiligung der Öffentlichkeit und öffentlicher
Institutionen ist ein erklärtes Ziel des Netzwerkes.
Unterstützung technischer Entwicklungen
Die Entwicklung von technischen Hilfen war kein Kernbestandteil des vorgestellten
Modellvorhabens. Dennoch haben sich fast zwangsläufig technische Fragen gestellt und
damit Kontakte zu anderen Forschungs- bzw. Industriepartnern eingestellt. Dies kann an
Notrufsysteme / Sturzsensoren
Es ist offenkundig, dass die bisherigen Notrufsysteme für Senioren verschiedene Mängel
aufweisen. Beispielsweise wird ein Sturz, der mit Bewusstlosigkeit einhergeht nicht erkannt.
In einer begleitenden Diplomarbeit haben wir daher mit der Fachhochschule für
Medizintechnik in Ulm den Prototypen eines Sensors entwickelt, der dieses Problem lösen
könnte. Zur Weiterentwicklung wurde erfolgreich ein Antrag gestellt, der ein marktreifes
Produkt in den nächsten zwei Jahren entwickeln soll.
Hüftprotektoren
Aus der mehrjährigen Erfahrung war uns deutlich, dass die bisher verfügbaren Protektoren
weiterentwickelt werden können, um die Akzeptanz und Tragequote zu verbessern. Die im
Projekt entwickelten Vorschläge wurden allen Herstellern zur Verfügung gestellt, die mit uns
in Kontakt getreten sind. Die Projektmitarbeiter beteiligten sich auch an der Entwicklung
eines unabhängigen Prüfverfahrens für Hüftprotektoren der Eidgenössischen
Materialprüfanstalt in St. Gallen (EMPA), um eine bessere Sicherheit für Verbraucher zu
HINWEISE ZUR STURZDEFINITION, DOKUMENTATION UND AUSWERTUNG
Im Modell wurde ein Sturz wie folgt definiert:
„ohne Absicht auf den Boden oder eine andere Ebene zum Liegen oder zur Ruhe kommen.“
Teilnehmer wurden aufgefordert auch Stürze mit Bewusstseinsverlust oder andere
medizinische Gründe als Sturz zu vermerken, falls sie zu der o.g. Lageveränderung führten.
Den Teilnehmern wurde dies laienverständlich erläutert.
Die Teilnehmer dokumentierten dies in dafür vorgesehene Kalenderblätter. Falls sie hierzu
nicht alleine in der Lage waren, wurden sie von Angehörigen oder den Sozialstationen hierin
Beim Abschlussbesuch wurden sie nochmals nach Sturzereignissen befragt.
Kommentar: Die Dokumentation der Stürze bedurfte der ständigen Aufforderung. Nur bei
etwa der Hälfte der Teilnehmer wurde dies ohne erneute Aufforderung selbständig
Bei den anderen Teilnehmern war eine telefonische oder persönliche Aufforderung nötig.
FRAKTURZAHLEN MIT KRANKENHAUSEINWEISUNGEN IN ULM
Bei der Antragstellung wurde als Ziel formuliert, dass durch das Programm eine Reduktion
der sturzbedingten Krankenhauseinweisungen in fünf Jahren im Stadtgebiet um 25%
angestrebt wird. Hierzu wurden die umliegenden fünf Krankenhäuser gebeten, bei allen
Personen > 65 Jahre sturzbedingte Frakturen zu erfassen.
Die Zahlen werden weiter beobachtet. Für das Jahr 2004 waren die Angaben noch nicht
Tabelle 9: Vergleich der Frakturhäufigkeiten 2002 und 2003 in Ulm Frakturtyp Hüftfraktur Oberarmfraktur Unterarmfraktur Andere Frakturen HINWEISE FÜR AMBULANTE PFLEGEDIENSTE ZUR UMSETZUNG DES EXPERTENSTANDARDS STURZPROPHYLAXE
Im Jahr 2005 wurde der Nationale Expertenstandard Sturzprophylaxe (NESS) publiziert. Der
Standard besagt, dass: „jeder Patient / Bewohner mit einem erhöhten Sturzrisiko . eine
Sturzprophylaxe (erhält), die Stürze verhindert oder Sturzfolgen minimiert.“ Dies schließt alle
Situationen, in denen Pflege praktiziert wird mit ein. Somit betrifft dies auch die ambulante
Pflege. Im Folgenden sollen daher einige Hinweise geben werden wie der Expertenstandard
für die spezielle Situation der ambulanten Pflege angewendet werden kann.
Im NESS wird von der Pflege gefordert, dass diese die notwendigen und aktuellen
Erkenntnisse über die wichtigsten Sturzrisikofaktoren besitzt und diese in den
Pflegesituationen berücksichtigen kann. Die Beurteilung des Sturzrisikos hat zu Beginn des
pflegerischen Auftrags zu erfolgen. Dies gilt für die ambulante Pflege auch dann, wenn sich
der Handlungsauftrag nur auf Behandlungspflege wie z.B. das Anziehen von Anti-
Die Verwendung eines bestimmten Assessmentintrumentes wird vom NESS (noch) nicht
ausdrücklich empfohlen. Gleichwohl ist es erforderlich, die Risikoanalyse in der
Pflegeplanung beziehungsweise im Stammblatt zu dokumentieren.
Im NESS wird festgelegt, dass die Pflegefachkraft die relevanten Interventionen kennen
sowie über die nötige Beratungskompetenz verfügen soll, um eine Umsetzung zu
ermöglichen. Von dem Dienst wird erwartet, dass die Patienten den Zugang zu
entsprechenden Interventionsangeboten erhalten.
Dies ist für die Institutionen in der ambulanten Pflege schwerer umzusetzen, als für
stationäre Pflegeeinrichtungen und Krankenhäuser. Ein ambulanter Pflegedienst sollte
jedoch über das Wissen verfügen, ob und wo in der jeweiligen Umgebung zum Beispiel
Kraft- und Gleichgewichtstrainingsgruppen stattfinden und wie der Kontakt hierzu
herzustellen ist. Ebenso sollte Kontakt zu den regionalen Wohnberatungsstellen bestehen,
um Kunden an diese weiterleiten zu können.
Der zeitnah wichtigste Aspekt ist die Kompetenzerweiterung der Pflegefachkräfte der
ambulanten Dienste. Die Hauptaufgabe der ambulanten Dienste liegt im Hinblick auf den
Interventionsteil des NESS in der Fort- und Weiterbildung beziehungsweise in der Auswahl
Die Pflegefachkräfte sollen laut NESS „zur systematischen Sturzerfassung und -analyse
befähigt“ werden. Jeder Sturz soll dokumentiert werden. Die Analyse dient danach als
Grundlage für die Überprüfung der Maßnahmenplanung hinsichtlich der Sturzprävention.
Dies beinhaltet die Kontaktaufnahme mit anderen an der Versorgung des Patienten
beteiligten Berufsgruppen (z.B. Hausarzt und Therapeut).
Der NESS gibt, ähnlich wie die Expertenstandards Dekubitus oder Entlassmanagement,
verbindliche Richtlinien für pflegerisches Handeln in Deutschland vor. Dies wurde im Falle
des Dekubitusstandards auch von Gerichten bestätigt.
Für ambulante Pflegedienste bedeutet dies eine große Herausforderung. Das gemeinsame
Erarbeiten von Strategien in Zusammenarbeit mit den Angehörigen und anderen Beteiligten
stellen Aufgaben dar, welche die ambulante Pflege aufgrund ihrer Struktur zukünftig leisten
ZUSAMMENFASSUNG UND EMPFEHLUNGEN
Die Prävention bei älteren Menschen ist eine der größten Chancen und Herausforderungen
zur Bewältigung der anstehenden Probleme in unserem Gesundheitswesen.
Die Erfahrungen des Modellvorhabens zeigen, dass die Maßnahmen von den Betroffenen
sehr wohl akzeptiert werden. Mit nunmehr weltweit 100 kontrollierten Studien liegt eine
überzeugende Evidenz für die Interventionen vor.
Es gilt jetzt in den nächsten fünf bis zehn Jahren überall in Deutschland zielgruppenorientiert
und unter Berücksichtigung der Kosten qualitätsgesicherte Präventionsprogramme
anzubieten. Die nötigen Qualitätsindikatoren hierfür sind bekannt.
Sturzprävention (multimodale Intervention)
Die wichtigste Zielgruppe der Sturzprävention sind Frauen ab dem 75. Lebensjahr mit einem
beginnenden Hilfsbedarf bei den Alltagsaktivitäten.
Wahrscheinlich wird die Erfolgswahrscheinlichkeit ab dem 85. Lebensjahr wieder niedriger.
Prävention von Mobilitätseinschränkungen (Training)
Bei der Abwendung von Mobilitätsverlusten ist die gleiche Personengruppe zu benennen.
Beginnende Mobilitätseinschränkungen lassen sich im Rahmen des Assessments sicher
Wohnanpassung und Hilfsmittel
Es gibt bislang keine evidenzbasierte Empfehlung für die Durchführung von Umgebungsan-
passungen. Es besteht ein dringender Forschungsbedarf. Dies liegt nicht zuletzt daran, dass
es in Deutschland keine wissenschaftlich begründete Ergotherapie gibt und die ökologische
Gerontologie grundlagenorientierte Forschung betrieben hat.
Medikamente
Die überwiegende Zahl der Medikamentenverordnungen erfolgten nach Ansicht der
Projektärzte fachgerecht. Allerdings wurde die leitliniengerechte Osteoporosetherapie bei
weniger als 20% der Teilnehmer durchgeführt.
In welchem Umfang zusätzliche augenärztliche Behandlungen oder eine Verbesserung der
Brillenversorgung die Sturzhäufigkeit beeinflussen kann, wird derzeit in verschiedenen
Studien überprüft (Robertson, Neuseeland; Helbostad, Norwegen; Harwood, UK). Hier
Hüftprotektoren
Das Modellvorhaben zeigt, dass mehr als ein Viertel der Teilnehmer bereit waren
Hüftprotektoren dauerhaft zu tragen. Dies zeigt einmal mehr die Bedeutung einer
Die Protektoren sind technisch weiter entwicklungsfähig. Es ist dringend erforderlich, ein
anerkanntes Prüfsiegel in Deutschland zu etablieren, um zu verhindern, dass ineffektive
Weitere Forschungsfragen
Die staatlichen Zulassungsbehörden sollten darauf drängen, dass alle neu zugelassenen
Medikamente nachweisen können, ob sie die Sturzhäufigkeit verändern und welche
Auswirkungen die Substanzen auf die physische Leistungsfähigkeit älterer Menschen haben.
Es ist immer noch nicht beantwortet, ob multimodale Sturzpräventionsprogramme auch
sicher sturzbedingte Frakturen verhindern können. Dies ist eine Forschungsfrage, die nur in
einer Untersuchung mit mehreren Tausend Teilnehmern beantwortet werden kann. Diese
Untersuchung wird wahrscheinlich die Finanzierungsmöglichkeiten der meisten Länder
überfordern. Ein Projekt dieser Größenordnung wird mehr als 10 Millionen € kosten. Daher
wird es vermutlich nur möglich sein, das notwendige Projekt als multinationale Studie
Nicht erreichte Zielgruppen
Die Untersuchung hat es nicht geschafft Demenzkranke im fortgeschrittenen
Krankheitsstadium in ausreichender Zahl anzusprechen. Auch Blinde oder Menschen mit
schweren Sehbeeinträchtigungen beteiligten sich nur vereinzelt. In anderen Projekten sollte
versucht werden, die spezifischen Probleme dieser Personen zu untersuchen.
VERANTWORTUNG DER PROJEKTMITARBEITER
Dr. Ulrich Lindemann hat das Bewegungsprogramm entwickelt und die motorischen
Messungen sowie deren Auswertung geleitet. Dabei wurde er von Karin Rupp und Daniela
Fiedler unterstützt, die ihre Diplomarbeiten im Projekt erfolgreich abgeschlossen haben.
Ulrich Rißmann hat das Modell pflegewissenschaftlich entwickelt und in den drei Jahren
organisatorisch betreut. Außerdem war er an den Assessments verantwortlich beteiligt.
Barbara Eichner hat die medizinische Dokumentation entwickelt und durchgeführt. Sie hatte
immer den Überblick. Dabei wurde sie zeitweise von Sylvia Sander unterstützt.
Elisabeth Sturm hat unzählige Assessments durchgeführt. Sie hat viele Teilnehmer
persönlich betreut. Über die Beratung der Hüftprotektoren weiß niemand mehr als Frau
Dr. Christine Stahl, Christiane Künzlen-Honold und Holger Claus (cand. Med.) waren die
immer zuverlässigen ärztlichen Begleiter des Projekts.
Die statistische Planung der Studie erfolgte gemeinsam mit Priv. Doz. Dr. Martina Kron.
Marion Hausner war als Projektleitungsassistentin unentbehrlich. (Fast ) nie hat sie die
Kathrin Winter und Nicole Tramnitzke haben das Projekt bei der Organisation unterstützt.
Beide haben uns im Rahmen des Freiwilligen Sozialen Jahres sehr geholfen.
Dr. Clemens Becker war als Projektleiter für die inhaltliche Durchführung und
organisatorische Planung des Modellvorhabens verantwortlich. Die medizinische Inhalte des
Prof. Thorsten Nikolaus war als ärztlicher Direktor der Bethesda Geriatrischen Klinik und
Mitglied der Fakultät der Universität Ulm organisatorisch verantwortlich.
Hannes Becker war für die Entwicklung und Betreuung der Webseite verantwortlich.
Anne Siegel drehte und produzierte die Videodokumentationen im Modellvorhaben.
Annette Römer war die fröhliche Graphikerin, die uns im Projekt betreut hat.
DANKSAGUNG
Folgende Mitarbeiter der Sozialstationen und Therapeuten beteiligten sich (oft auch in ihrer
Bodo Bauder, Evelyne Bauer, Angelika Bais, Barbara Baitsch, Carola Boheim, Ursula
Bohnacker, Elke Claus, Gabriele Elze, Barbara Fink, Roswitha Fischer, Martina Ganser, Elke
Göggelmann, Maria Golan, Doris Groß, Annette Griesbeck, Christa Gutmann, Birgit
Hagenmaier, Andrea Held, Marlena von Hof-Adamitzky, Andrea Jakob, Andreas Kern, Heinz
Kloske, Carina Kraus-Jurecz, Renate Krebs, Elke Kreyer, Stefanie Kümmel, Melanie
Kutschke – Frye, Anna Lind, Horst Mühlberger, Anita Natterer, Verena Sandner, Karola
Schenk, Gudrun Schieder, Petra Schlossarek, Petra Sollner, Zarife Soytürk, Margit
Anja Schiele war an den Schulungen als Ergotherapeutin beteiligt.
Dr. Markus Gulich half uns bei der Formulierung der hausärztlichen Interventionen.
Dr. Susan Kurrle (Sydney, Australien) hatte viele Anregungen zur Adhärenz von
Prof. John Campbell (Otago, Neuseeland) und Dr. Klaus Hauer (Heidelberg) waren wichtige
Begleiter bei der Entwicklung des Trainingprogramms.
Prof. Chris Todd (Manchester, England) gab wichtige Hinweise bei der Planung der
psychologischen Komponenten der Interventionen.
Dr. Frank Oswald (Heidelberg) gab wichtige Hinweise bei der Planung der
Doris Jasse, Dr. Johannes Warmbrunn, Johann Pleichinger und Luzia Erhardt-Beer hatten
maßgeblichen Anteil an der Planung, politischen Beratung, Finanzierung und Umsetzung der
Die folgenden Doktoranden und Diplomanden waren in begleiteten Projekten tätig:
Dr. Jürgen Hinderer und Dr. Claudia Bäuerle.
LITERATUR
Folgende Artikel wurden bei Planung und Durchführung der Untersuchung benutzt:
American Geriatric Society, British Geriatrics Society and American Academy of Orthopedic Surgeons Panel on Falls Prevention (2001) Guidelines for the prevention of falls in older people. J Am Geriat Soc 49:664-672
Asada T, Kariya T, Kinoshita T, Asaka A, Morikawa S, Yoshioka M, Kakuma T (1996) Predictors of fall-related injuries among community-dwelling elderly people with dementia. Age Ageing 25:22-28
Avorn J (1998) Depression in the elderly--falls and pitfalls. N Engl J Med 339:918-920
Baltes PB, Baltes MM (1990) Psychological perspectives on successful aging: The model of selective optimization with compensation. In: Baltes BP, Baltes MM Successful aging: Perspectives from the behavioural scienses. Cambridge University Press, Cambridge, 1-34
Bandura A (1982) Self-efficacy mechanism in human agency. Am Psych 37:122-147
Bandura A (1986) Social foundations of thought and action. A social cognitive theory. Prentice Hall, Englewood Cliffs
Bandura A (1997) Self-efficacy: the exercise of control. WH Freeman & Company, New York
Becker C, Conz A, Can H, Gebhard F, Muche R, Scheible D, Kinzl L, Nikolaus T (1999) Epidemiologie von proximalen Femurfrakturen Älterer. Geriat Forschung 9:127-130
Becker C, Kron M, Lindemann U, Kapfer E, Can H, Walter-Jung B, Nikolaus T (2003b) Effectiveness of a multifaceted intervention on falls in nursing home residents. J Am Geriatr Soc 51:306-313
Becker C, Gebhard F, Fleischer S, Hack A, Kinzl L, Nikolaus T, Muche R (2003d) Prädiktion von Mortalität und sozio-funktionellen Einschränkungen nach proximalen Femurfrakturen. Unfallchirurg 106:32-38
Becker C, Loy S, Sander S, Nikolaus T, Rißmann U, Kron M (2005) An algorithmic approach to screen frail elderly at risk for accidental falls. Aging Clin Exp Res; zur Publikation angenommen, Publikation im Juni 2005
Berg K, Wood-Dauphinée S, Williams J, Gayton D (1989) Measuring balance in the elderly: preliminary development of an instrument. Physiother Canada 41:304-311
Berg K, Norman KE (1996) Functional assessment of balance and gait. Clin Geriatr Med12:705-723
Bergland A, Pettersen AM, Laake K (1998) Falls reported among elderly Norwegians living at home. Physiother Res Int 3:164-174
Bergland A, Pettersen AM, Laake K (2000) Functional status among elderly Norwegian fallers living at home. Physiother Res Int 5:33-45
Bergland A (2002) Falls suffered by the elderly living at home. Oslo, Norway, University of Oslo. Thesis for Doctor of Philosophy
Bergland A, Jarnlo GB, Laake K (2003) Predictors of falls in the elderly by location. Aging Clin Exp Res.15:43-50
Bischoff HA, Stahelin HB, Dick W (2003) Effects of vitamin D and calcium supplementation on falls: a randomized controlled trial. J Bone Miner Res 18:343-351
Blake AJ, Morgan K, Bendall MJ (1988). Falls by elderly people at home: prevalence and associated factors. Age Ageing 17:365-372
Bloem BR, Grimbergen YA, Cramer M, Willemsen M, Zwinderman AH (2001) Prospective assessment of falls in Parkinson's disease. J Neurol. 248:950-958
Brown J, Vittinghoff E, Wyman J (2000) Urinary incontinence: does it increase risk for falls and fractures? Study of Osteoporotic Fractures Research Group. J Am Geriatr Soc 48:721-725
Buchner DM, Cress ME, de Lateur BJ, Esselman PC, Margherita AJ, Price R, Wagner EH (1997) The effect of strength and endurance training on gait, balance, fall risk, and health services use in community-living older adults. J Gerontol A Biol Sci Med Sci 52:M218-224
Bundesärztekammer (2001) Injuries and their consequences - Prevention as a task for doctors. Education and training materials of the German Medical Association. Köln
Bundesamt für Statistik (2003) Statistisches Jahrbuch 2003, Wiesbaden
Cameron ID, Stafford B, Cumming RG, Birks C, Kurrle SE, Lockwood K, Quine S, Finnegan T, Salkeld G (2000) Hip protectors improve falls self-efficacy. Age Ageing 29:57-62
Campbell AJ, Borrie MJ, Spears GF (1989) Risk factors for falls in a community-based prospective study of people 70 years and older. J Gerontol 44:M112-117
Campbell AJ, Borrie MJ, Spears GF (1990) Circumstances and consequences of falls experienced by a community population 70 years and over during a prospective study. Age Ageing 19:136-141
Campbell AJ, Robertson MC, Gardner MM, Norton RN, Tilyard MW, Buchner DM (1997) Randomised controlled trial of a general practice programme of home based exercise to prevent falls in elderly women. Br Med J 315:1065-1069
Campbell AJ, Robertson MC, Gardner MM, Norton RN, Buchner DM (1999) Psychotropic medication withdrawal and a home-based exercise program to prevent falls: a randomized, controlled trial. J Am Geriatr Soc 47:850-853
Carpenter GI, Demopoulos GR (1990) Screening the elderly in the community: controlled trial of dependency surveillance using a questionnaire administered by volunteers. Br Med J 300:1253-1256
Carter ND, Khan KM, McKay HA (2002) Community-based exercise program reduces risk factors for falls in 65- to 75-year-old women with osteoporosis: randomized controlled trial. Can Med J 167:997-1004
Carter SE, Campell EM, Sanson-Fisher RW, Redman S, Gillespie WJ (1997) Environmental hazards in the homes of older people. Age Ageing 26:195-202
Cerny K, Blanks R, Mohamed O (1998) The effect of a multidimensional exercise program on strength, range of motion, balance and gait in the well elderly. Gait Posture 7:185-186
Chandler JM, Duncan PW, Kochersberger G. Is lower extremity strength gain associated with improvement in physical performance and disability in frail, community-dwelling elders? Arch Phys Med Rehabil 79: 24-30 (1998)
Chapuy MC, Arlot ME, Duboeuf F (1992) Vitamin D3 and calcium to prevent hip fractures in the elderly women. N Engl J Med 327:1637-1642
Clemson L, Cumming RG, Roland M (1996) Case-control study of hazards in the home and risk of falls and hip fractures. Age Ageing 25:97-101
Close J, Ellis M, Hooper R, Glucksman E, Jackson S, Swift C (1999) Prevention of falls in the elderly trial (PROFET): a randomised controlled trial. Lancet 353:93-97
Connell BR, Wolf SL (1997) Environmental and behavioral circumstances associated with falls at home among healthy elderly individuals. Arch Phys Med Rehabil 78:179-186
Cornillon E, Blanchon MA, Ramboatsisetraina P (2002) Effectiveness of falls prevention strategies for elderly subjects who live in the community with performance assessment of physical activities (before-after). Ann Readapt Med Phys 45:493-504
Crome P, Hill S, Mossman J (2000) A randomised controlled trial of a nurse led falls prevention clinical. J Am Geriatr Soc 48:S78
Cumming RG, Kelsey JL, Nevitt MC (1990) Methodological issues in the study of frequent and recurrent health problems. Falls in the elderly. Ann Epidemiol 1: 49-56
Cumming RG, Thomas M, Szonyi G, Salkeld G, O'Neill E, Westbury C, Frampton G (1999) Home visits by an occupational therapist for assessment and modification of environmental hazards: a randomized trial of falls prevention. J Am Geriatr Soc 47:1397-1402
Cumming RG, Salkeld G, Thomas M, Szonyi G (2000) Prospective study of the impact of fear of falling on activities of daily living, SF-36 scores, and nursing home admission. J Gerontol A Biol Sci Med Sci 55:M299-305
Cummings SR, Nevitt MC, Kidd S (1988) Forgetting falls. The Limited Accuracy of Recall of Falls In the Elderly. J Am Geriatr Soc 36:613-616
Dawson-Hughes B, Harris SS, Krall EA (1997) Effect of calcium and vitamin D supplementation on bone density in men and women 65 years of age or older. N Engl J Med 337:670-676
Day L, Fildes B, Gordon I, Fitzharris M, Flamer H, Lord S (2002) Randomised factorial trial of falls prevention among older people living in their own homes. Br Med J 325:128
Degl'Innocenti A, Elmfeldt D, Hansson L, Breteler M, James O, Lithell H, Olofsson B, Skoog I, Trenkwalder P, Zanchetti A, Wiklund I (2002) Cognitive function and health-related quality of life in elderly patients with hypertension--baseline data from the study on cognition and prognosis in the elderly (SCOPE). Blood Press 11:157-165
Ebrahim S, Thompson PW, Baskaran V (1997) Randomized placebo-controlled trial of brisk walking in the prevention of postmenopausal osteoporosis. Age Ageing 26:253-260
Feder G, Cryer C, Donovan S, Carter Y (2000) Guidelines for the prevention of falls in people over 65. The Guidelines' Development Group. Br Med J 321:1007-1011
Gabell A, Simons MA, Nayak US (1985) Falls in the healthy elderly: predisposing causes. Ergonomics 28:965-975
Gill TM, Robison JT, Williams CS, Tinetti ME (1999) Mismatches between the home environmental and physical capabilities among community-living older persons. J Am Geriatr Soc 47:88-92
Gillespie LD, Gillespie WJ, Robertson MC, Lamb SE, Cumming RG, Rowe BH (2003) Interventions for preventing falls in elderly people (Cochrane Review). Cochrane Library, Oxford: Updated Software
Graafmans W, Ooms M, Hofstee H, Bezemer P, Bouter L, Lips P (1996) Falls in the elderly: a prospective study of risk factors and risk profiles. Am J Epidemiol 143: 1129-1136
Gray-Donald K, Payette H, Boutier V (1995) Randomized clinical trial of nutritional supplementation shows little effect on functional status among free-living frail elderly. J Nutr 125:2965-2971
Gregg E, Pereira M, Caspersen C (2000) Physical activity, falls, and fractures among older adults: a review of the epidemiologic evidence. J Am Geriatr Soc 48:883-893
If you own a bull terrier, you know that they will eat anything their little heart’s desire. Coins, buttons, rocks, socks, earrings, blankets, stuffed toys, and wastebasket contents (especially in the bathroom) are all treats for your bull terrier. Dental floss, dental plaquers, (mint flavor, yummy) underwear, diapers, you name it, the list is endless. So how does one know when to be concerned?
Nell’intricata giungla del Sunderbans, quell’enorme e fitta foresta che avviluppa il delta del Gange, Tremal-Naik, il cacciatore di serpenti , e il suo fedele maharatto Kamma-muri aspettano, nascosti dalle fronde, l’arrivo dei Thugs, i famigerati strangolatori. Li avevano avvistati poco pri-ma, in una radura: una quarantina di uomini, tutti quasi nudi, coperti solo dal dugbah, spe