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Infektiöse Klauenerkrankungen eindämmen - Möglichkeiten und
Grenzen des Klauenbades

Ständige Feuchtigkeit und Schmutz im Laufbereich sowie mangelnde Pflege der Klauen för- dern das Auftreten infektiöser Klauenerkrankungen. Mortellaro’sche Krankheit (Erdbeer- krankheit), Zwischenklauenphlegmone (Panaritium) und Zwischenklauenentzündung (Klau- enfäule) führen vor allem in Laufstallhaltungen zu massiven Klauenproblemen. Desinfekti- onsmaßnahmen erscheinen als Mittel der Wahl, und das Klauenbad bietet hierzu eine einfa- che, leicht durchzuführende Möglichkeit. Als positive Nebenwirkung wird vielen Klauenbä- dern eine Verbesserung der Klauenhornqualität zugeschrieben. Infektionen an Klaue und Unterfuß
Die Mortellaro’sche Krankheit (Erdbeerkrankheit, Dermatitis Digitalis) wurde erstmalig 1974 in Italien durch C.M. Mortellaro und R. Cheli beschrieben. Die Ausbreitung der heute weltweit auftretenden Erkrankung erfolgte in den nachfolgenden Jahren über ganz Europa. Heute ist die Mortellaro’sche Krankheit auch in unseren Ställen eine der bedeutensten Klauenerkran- kungen. Die Mehrzahl der Rinderbestände (Shearer 1996, 50%; Manske, 1998, 50%; Fiedler 2000a, 70%; Klee 2001, 60%) ist von der Mortellaro’schen Krankheit betroffen, wobei ein erheblicher Anteil der Tiere schmerzhafte Reaktionen zeigt (Blowey 1998, 10%). Infolge der vor allem beim Erstausbruch schmerzhaften Hautveränderungen im Ballen-, Zwischenklau- en- oder Kronsaumbereich kommt es zu Lahmheiten und Leistungseinbußen. Als Verursa- cher dieser Infektionskrankheit gelten nach heutigem Erkenntnisstand verschiedene Bakteri- enarten (Dichelobacter nodosus, Fusobacterium necrophorum, verschiedene Treponema- Arten (Zemljic, 2002; Fiedler, 2000a). Neben der bakteriellen Infektion begünstigen verschie- dene Faktoren wie z.B. Hautschädigungen, Hygiene- und Haltungsmängel sowie Stoffwech- selstress das Auftreten der Erkrankung (Zemljic, 2002; Murray, 2004; Berry, 2004). Letztend- lich gilt jedoch das Krankheitsgeschehen als noch nicht aufgeklärt, da Infektions- und Impf- versuche zu uneinheitlichen und nicht immer eindeutigen Ergebnissen kommen(Zemljic, 2002; Berry, 2004), Änderungen in Haltung (Blowey 1998) oder Fütterung jedoch den Krank- heitsbefall reduzieren können (Bargai, 1998). Typische Merkmale der Mortellaro’schen Krankheit sind deutlich abgegrenzte, rundliche Hautdefekte, die von einem meist schmierigen, nach Verwesung riechendem Belag überzo- gen sind. Nach Entfernen dieses Wundbelages tritt eine rötliche, höckrige oder haarige Ober- Neben dieser allgemein bekannten und weitverbreiteten Form können auch warzenförmige Bei der Behandlung der Mortellaro’schen Krankheit hat der Einsatz von Chlor- und Oxytetra- cyclin, Lincomycin (Blowey, 1998, Steinhauser 1999) sowie Erythromycin (Laven, 2002) Er- folge gezeigt, während der Einsatz von Kupfersulfat, Zinksulfat, Formalin, Zitronensäure (Bergsten, 1997), Peressigsäure (Hernandez, 1999; Laven, 2002), Iodlösung (Steinhauser, 1999; Esch, 2000), Glutaraldehyd (Manske, 1998) oder Salzsäure (Read, 1998) in Klauen- bädern keinen zufriedenstellenden Therapieerfolg zeigen sowie z.T. massive Schädigungen der Haut hervorrufen. Jedoch ist auch nach scheinbar erfolgreicher Therapie mit einer Rück- fall- bzw. Neuinfektionsquote von bis zu 60% innerhalb der ersten 15 Wochen zu rechnen (Read, 1994; Steinhauser, 1999; Berry, 2002) Die Zwischenklauenentzündung (Klauenfäule, Dermatitis interdigitalis) ist eine entzündliche Veränderung des Zwischenklauenspaltes. Typisch für das Anfangsstadium der Erkrankung ist ein schmieriger Belag, unter dem sich nachfolgend eine Entzündung bis in tiefere Ge- websschichten bilden kann (Bergsten, 1997). Wie bei der Mortellaro’schen Krankheit handelt es sich auch hier um eine bakterielle Infektion mit einem ähnlichen Keimspektrum (van Amstel, 1998; Fiedler, 2000a). Ursächlich für die Erkrankung ist eine ständige hohe Belas- tung durch Feuchtigkeit und Schmutz, die zusammen mit Einstreuresten im Zwischenklauen- spalt anhaften und ideale Bedingungen für die bakterielle Besiedlung (v.a. Dichelobacter no- dosus, Treponema ssp., etc.) der Zwischenklauenhaut bieten (Bergsten, 1997). Der Krank- heitsverlauf wird durch Hautschädigungen und eine vom Stoffwechselstress geschwächte Immunabwehr gefördert (Fiedler, 2000a). Bei weiterem Fortschreiten der Erkrankung kommt es zu verstärktem Hornwachstum, Über- greifen auf das Ballenhorn und nachfolgend zur Ballenhornfäule (Raven, 1998). Die Ballenhornfäule ist eine weltweit verbreitete Klauenerkrankung, die vor allem auf Hygie- nemängel schließen lässt (Collick, 1997). Ständige Feuchte durch überlaufende Tränken, verschmutzte Einstreu oder mangelhafte Laufflächenreinigung (Fiedler, 2000a) ermöglichen einer Vielzahl von Keimen, vor allem aber Dichelobacter nodosus (Raven,1998), das Ballen- horn zu infizieren. Eine schlechte Hornqualität erleichtert es verschiedenen anaerobischen Bakterien, in den Zwischenzellenkitt einzudringen und das Klauenhorn zu schädigen (Mül- Mortellaro’sche Krankheit, Zwischenklauenentzündung und Ballenhornfäule können aufgrund ihres gemeinsamen Auftretens und des gemeinsamen Erregerspektrums als Syndrom der Hautveränderungen an der Zehe.(DSDS - Digital Skin Disorders Syndrome) bezeichnet wer- Klauenbäder - Bauformen
Durchtreibeklauenbäder können stationär oder mobil betrieben werden. In beiden Fällen soll- ten sie mind. 2,50 m lang und 1,0 bis 1,25 m breit sein. Die Tiefe sollte bei einem Flüssig- keitsstand von 12 cm ungefähr 15 - 18 cm betragen, um ein sicheres Eintauchen und Benet- zen der Klauen bis mind. 3 cm über den Kronsaum zu gewährleisten. Mobile Klauenbäder können am Ausgang des Melkstandes aufgebaut werden. Stationäre sind günstiger im Lie- gebereich oder außerhalb des Stallgebäudes anzubringen, um deren Reinhaltung zu erleich- tern und Verletzungen beim Austrieb aus dem Melkstand zu vermeiden. Absperrungen zu beiden Enden des Klauenbades verhindern bei stationären Bädern das unbeabsichtigte Verschmutzen des Bades und lassen die Nutzung als Standbad mit längeren Desinfektionsmatten erscheinen weniger günstig, da eine ausreichende Benetzung des Kron- saumes nicht sichergestellt werden kann. Darüber hinaus sind sie in der Regel recht schmal und zum Übertrieb zu kurz (Fiedler, 2000a). Ihre Installation in einer Abrufstation ist dagegen Die Sprühbehandlung stellt eine kostengünstige und zielgerichtete Maßnahme am Einzeltier dar. Sie kann sowohl im Anbindestall als auch an fixierten Tieren im Laufstall durchgeführt werden. Als Geräte zur Sprühbehandlung haben sich Gartenspritzen bewährt (Lischer, Der Einsatz von Schaumbädern stellt eine weitere jedoch sehr kostenintensive Möglichkeit des Klauenbades dar und konnte sich bislang nicht durchsetzen. Klauenbäder - Wirkstoffe
Antibiotische und nichtantibiotische Klauenbäder wurden in einer Vielzahl von Versuchen auf ihre Wirksamkeit hin untersucht. Während antibiotische Klauenbäder als Therapeutika für die Herdenbehandlung im Durchtreibeklauenbad arzneimittelrechtlich nur nach Umwidmung durch den Tierarzt (Wartezeit!) zulässig sind, können nichtantibiotische Klauenbäder als Denkbar ist der Einsatz von Kupfersulfat, Zinksulfat, Formalin, Peressigsäure, Zitronensäure Formalin (39%-ige Formaldehyd Lösung) ist ein wirksames Desinfektions- und Pflegemittel. Organische Verschmutzungen und Temperaturen unter 13°C setzen jedoch seine Wirksam- keit herab. Zur Vermeidung von Hautschäden sollte eine 2 - 5 % Formalinlösung (Arkins, 1986; Raven, 1998; Lischer, 2000; Fiedler 2000b; Fiedler 2003) höchsten an 3 aufeinander- folgenden Tagen je Monat eingesetzt werden. Formalin sollte nicht bei offenen Verletzungen eingesetzt werden, da es den Heilungsprozess stört (Kloosterman, 1997) und beim Tier er- hebliche Schmerzen auslöst. Um einer gesundheitlichen Gefährdung vorzubeugen, ist beim Einsatz von Formalin auf eine gute Lüftung des Arbeitsplatzes zu achten. Kupfersulfat- (5 - 10 %-ig) sowie Zinksulfatlösung (10 - 20 %-ig) können ebenfalls zum Klau- enbad genutzt werden (Heckert 1997; Kümper 1998; Lischer, 2000; Fiedler 2000b). Ihre des- infizierende Wirkung ist gut und gesundheitliche Belastungen sind nicht zu befürchten. Wie Formalin soll auch Kupfersulfat eine Klauenhornhärtung bewirken (Fiedler 2000b,), was sich jedoch in eigenen Versuchen unter Praxisbedingungen nicht bestätigte. Vielmehr scheinen sich wie beim Einsatz von Formalin Mikrorisse zubilden, was es pathogenen Keimen erleich- tert, in die Hornsubstanz einzudringen (Fiedler, 2003) Problematisch erscheint die sachgerechte Entsorgung gebrauchter Kupfer- und Zinksulfatlö- sungen, da es sich in beiden Fällen um schwermetallhaltige Lösungen handelt. Weniger problematisch erscheint der Einsatz von Peressigsäure, da sie vollständig abbaubar ist. Peressigsäure hat eine gute desinfizierende Wirkung und kann unabhängig von der Tem- peratur eingesetzt werden. Die Anwendung im Klauenbad erfolgt 0,2- 0,4%ig (Laven, 2002; Fiedler, 2003) entsprechend 0,5 -1% handelsüblicher Peressigsäurelösung. Da Peressigsäu- re eine reinigende Wirkung fehlt ist eine Wirkung nur bei gereinigten Klauen zu erwarten. Ei- ne effiziente Bekämpfung der Mortellaro’schen Krankheit ist von Klauenbädern mit Peressig- säure nicht zu erwarten (Laven, 2002). In wieweit der Einsatz von geschäumten Produkten auf Basis von Peressigsäure und Wasserstoffperoxid (Fiedler 2004) erfolgreich ist bleibt ab- Antibiotische Klauenbehandlungen sind nur als Sprühbehandlung am Einzeltier mit den zu- gelassenen Mitteln (z.B. Chlortetracyclin-Spray) möglich. Die Sprühbehandlung hat sich im Gegensatz zu den gebräuchlichen Durchtreibeklauenbädern als besonders wirksam erwie- sen. Die Umwidmungen eines Antibiotikums aus anderen Anwendungsgebieten ist zum Klauenbad in der Milchviehhaltung nicht sinnvoll, da eine Wartezeit von mind. 7 Tagen bei der Milchlieferung und von 28 Tagen bis zur Schlachtung eingehalten werden muss. Die Umwidmung eines Arzneimittels durch den behandelnden Tierarzt ist nur möglich, wenn kei- ne geeigneten zugelassenen Mittel zur Verfügung stehen (vgl. AMG). Klauenbäder - Einsatz
Klauenbäder können den Infektionsdruck bei Zwischenklauenentzündung (Arkins, 1986) und Mortellaro’scher Krankheit (weniger als 5 - 10 % erkrankte Tiere) niedrig halten, höhere Er- krankungsraten lassen sich dagegen nur durch lokale Anwendungen vermindern (Berry, 2002). Die Empfehlungen zur Anwendungshäufigkeit reichen von 2 Durchtrieben wöchentlich (Fiedler, 2000b), bis zu 6 Bädern an drei aufeinanderfolgenden Tagen (Kloosterman, 1997). Die Anwendung kann als Durchtreibe- oder als mehrminütiges Standbad (Kümper, 1998; Um die desinfizierende Wirkung aufrecht zu erhalten, ist auf die Sauberkeit der Klauen und des Klauenbades zu achten. Da vor allem Verunreinigungen durch organische Stoffe (z.B. Kot) die Wirksamkeit deutlich reduzieren, ist eine gründliche Vorreinigung der Klauen und insbesondere des Zwischenklauenspaltes und des Kronsaumes notwendig. Nach amerikanischen Empfehlungen sollte dem Desinfektionsbad ein Reinigungsbad aus Wasser und einem milden Reinigungsmittel vorausgehen (Berry, 2002; Janowicz, 2004; Cook, 2004). Ein Wechsel der Lösungen sollte spätestens nach 100 - 200 Tieren erfolgen, da sowohl Verschmutzungen als auch der Konzentartionsverlust (Formalin >50% in 2 Tagen) die desinfizierende Wirkung heransetzt (Holzhauer, 2004). Um eine Rekontamination zu vermeiden sind die Laufflächen während der Durchführung ei- nes Klauenbades gründlich zu reinigen und ggf. zu desinfizieren. Versuche zum Einsatz von Klauenbädern und Einzelklauenbehandlungen Tabelle 1
Versuch Wirkstoff
16 / 8 T. + 6 / Schaum Phase 1: +/o Rückfälle nach erfolg- salze, ätherische Öle (Protexin®) Oxytetracyclin Keine unbehandelte Kontrollgruppe, evtl. Rückfälle nach erfolg-reicher Therapie z.T. DD - Dermatitis Digitalis (Mortellaro’sche Krankheit) Klauenbäder können Reinhaltung von Laufflächen und regelmäßige Klauenpflege nicht er- setzen. Sie bieten lediglich eine Möglichkeit, den allgemeinen Keimdruck zu senken. Zur Be- handlung von Klauenerkrankungen sind regelmäßige Durchtreibeklauenbäder nicht zugelas- sen. Da durch die mangelhafte Reinigung von Kronsaum und Zwischenklauenspalt die Wirk- stoffe nur unzureichend an die entsprechenden Hautbereiche vordringen können, ist das Durchtreibeklauenbad in der praxisüblichen Form nicht zur Prophylaxe und Behandlung der Mortellaro’schen Krankheit geeignet (Steinhauser, 1999). Klauenbäder können teilweise so- gar den Heilungsprozess hemmen und durch Schädigung der Haut die weitere Ausbreitung infektiöser Klauenerkrankungen fördern (Nowrouzian, 2002; Zemljic, 2004). Eine Tiefenwir- kung zur Verbesserung der Hornqualität und Behandlung der Klauenhornfäule ist aufgrund der zu geringen Eindringgeschwindigkeit bei den üblichen Durchtreibeklauenbädern nicht zu erwarten (Kempson, 1998; LVVG, 2002). Schlüssige Nachweise der Wirksamkeit zugelasse- ner Klauenbäder konnten bisher nicht erbracht werden, da es sich in den meist zitierten Un- tersuchungen um Feldstudien ohne exakten Versuchsaufbau handelte (Hoblet, 2002) bzw. Antibiotische Sprühbehandlungen sind bei sachgerechter Anwendung in Behandlungserfolg und Kosten anderen Behandlungsformen deutlich überlegen (Nowrouzian, 1998; Metzner, 2001) systemische antibiotische Behandlungen führen dagegen zu keinem Therapieerfolg (Berry, 2004). Ein regelmäßiger Austrieb bei trockener Witterung und vor allem bei Neu- schnee kann ein kostengünstigere und guter Beitrag zur Förderung der Klauengesundheit Eine Bestandssanierung ist bei Mortellaro’scher Krankheit nach derzeitigem Kenntnisstand nicht möglich, da die Krankheitserscheinungen auch beim konsequenten Einsatz geeigneter Antibiotika nach einiger Zeit wieder auftreten (Zemljic, 2002; Berry, 2002). Nachhaltige Verbesserungen der Klauengesundheit sind demnach nur durch weitergehende Hygienemaßnahmen (Fiedler, 2000b; Metzner, 2001; Wangler, 2003; Sommers, 2003), güns- tige Haltungsbedingungen und eine bedarfsgerechte Fütterung zu erreichen (Berry, 2002).
Literatur:
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Source: http://www.lazbw.de/pb/site/lel/get/documents/MLR.LEL/PB5Documents/lazbw_rh/pdf/k/klaubad_lituebersicht_04.pdf?attachment=true

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